595 595 FUDUTOURS International 29.03.24 11:07:11

04.06.2017 FC København U19 – Brøndby IF U19 1:2 (1:1) / Parken / 120 Zs.

Am 04.06.2017 meint es der dänische Spielplan nicht sonderlich gut mit uns. Es finden schlicht und ergreifend keine Partien in unserem Umfeld statt. Wobei der Hinweis darauf nicht fehlen darf, dass der Viborg FF heute Helsingør in gerade einmal 327 Straßenkilometern Entfernung zur Aufstiegsrelegation empfangen wird. Konkretisieren wir im Sinne des Autofahrers also: in unserem näheren Umfeld.

So ruhen unsere letzten Hoffnungen auf dem ewig jungen Derby Dänemarks. In der Nachwuchsrunde lassen die beiden Großclubs aus Kopenhagen und der Agglomeration heute ihre Minderjährigen aufeinander los. Alle anderen zehn Teams der Liga haben in den vergangenen Tagen ihre Saison bereits beendet und so ergibt sich die Gelegenheit, das Saisonabschlussspiel der „U19 Drenge Ligaen“ zwischen dem FC København und Brøndby IF beiwohnen zu können. Der FCK wird die Saison als Tabellendritter beenden, ganz egal, wie das Spiel ausgehen wird, während der Gast noch zwei Tabellenplätze gutmachen und auf den siebenten Rang vorschnellen kann. Da ist Spannung vorprogrammiert!

Lange Zeit bleiben wir jedoch im Ungewissen darüber, ob wir diese Spannung auch live im Stadion miterleben können werden. Trotz umfangreicher Recherche und recht passabler Dänischkenntnisse unserer dänischen Gastgeber gelingt es nicht, herauszufinden, an welchem Ort das Spiel stattfinden und ob es unter Einbezug der Öffentlichkeit ausgetragen wird. Auf gut Glück machen wir uns dann etwas skeptisch auf den Weg ins „Parken“, welches auf einem Fußballportal tatsächlich als Austragungsort genannt wird.

Mit ein wenig Dosenbier im Turnbeutel streunen wir kurz darauf um das dänische Nationalstadion mit 38.076 Sitzplätzen herum. Noch deutet nicht sonderlich viel darauf hin, dass hier in wenigen Minuten ein Fußballspiel von A-Jugendlichen angepfiffen werden soll. Kurz vor der Aufgabe entdecken wir dann aber einen Ordner, der durch die Katakomben der Arena schleicht und offenbar irgendetwas bewachen soll. Nach einem kurzen dänischen Smalltalk heißt es für FUDU dann „herein spaziert“ und wir nehmen Platz auf der geöffneten Tribüne.

Ein Mitglied der FUDU-Außenstelle Dänemark verlässt selbige aber direkt wieder, um mit dem Trainer der U19 Brøndbys an der Außenlinie zu fachsimpeln. Dieser ist niemand geringeres als Aurelijus „Auri“ Skarbalius, seines Zeichens ehemaliger litauischer Nationalspieler und mit 153 Einsätzen in 10 Jahren für „gul og blå“ eine wirkliche Brøndby-Koryphäe. Aber wer könnte schon einen Austausch mit einer Brønshøj-Legende ausschlagen. Bildunterschrift: Ein Fußballexperte und ein Mann aus Litauen. Oder, wie Kenneth Anger es später zusammenfassen wird: „I only see two Gingers“!

„Auri“ weiß übrigens zu berichten, dass auch er als Cheftrainer seiner Jungs häufig nicht genau informiert ist, an welchen Orten die Spiele stattfinden werden. Mal würden die Partien im Stadion, mal auf Nebenplätzen, mal mit, mal ohne Zuschauer ausgetragen werden. Wir haben jedenfalls das größtmögliche Glück in dieser Lotterie, während bei dauerhaftem Nieselregen das letzte Spiel der Saison freigegeben wird.

Dieses verläuft auf einem technisch überaus ansprechenden Niveau. Hier sitzt jeder Pass und jeder noch so weit über das Feld geschlagene Diagonalball erreicht sein Ziel. Beide Mannschaften preschen mit schönen Kombinationen, ansprechendem Tempo und einem gewissen Offensivdrang in Richtung des gegnerischen Tores. All dies kann aber auch nur in dieser Perfektion gelingen, weil so gut wie keine Zweikämpfe geführt werden und auf den jeweils ballführenden Spieler keinerlei Druck entfacht wird. Am letzten Spieltag der Saison mag sich niemand mehr weh tun, während in Esbjerg längst die Sektkorken knallten und die Meisterfeierlichkeiten mutmaßlich bereits beendet sind.

Während die Akteure auf dem Rasen also den Kampf um die goldene Ananas ausfechten, wendet sich FUDU seiner „Golden Lady“ zu und lässt nach einem wunderbaren Solo Bier trinkend den Namen „Carlo Holse“ auf den Notizblock wandern. Keine zehn Minuten später hat eben jener Holse den FCK nach einem Angriff vom Reißbrett mit 1:0 in Führung gebracht. Nach einer knappen halben Stunde misslingt einem gedanklich bereits im Sommerurlaub befindlichen FCK-Akteur ein Rückpass aus dem Mittelfeld völlig, sodass Verteidigerkollege Sahin derart in Bredouille gebracht wird, dass er nicht mehr retten kann, ohne auf ein Foul zurückgreifen zu müssen. Den fälligen Strafstoß verwandelt Oliver Carrara sicher.

In der zweiten Halbzeit lässt die Qualität des Spiels nach, nicht aber der konstant fallende Nieselregen. 120 Zuschauer, darunter leider keine Angehörigen der Ultraszenen beider Clubs (man wird ja wohl noch träumen dürfen…), erleben den letzten Höhepunkt der Partie in der 50. Minute, als Andreas Bruus die Gäste mit 2:1 in Führung bringt. Anschließend plätschert das Spiel derart ereignislos vor sich hin, dass sich der Hoollege in Ruhe der Recherche widmen kann, wie sich die wichtigste Nachwuchsmannschaft Unions in Magdeburg im Kampf um den Aufstieg in die Fußball-Bundesliga geschlagen hat. Die Einwahl in das Wi-Fi geht leicht von der Hand, sind die Zugangsdaten schließlich noch vom letzten Besuch des Parken gespeichert (2015 gegen Hobro, Bericht wird irgendwann sicherlich in der Rubrik „Der klassische Fetti“ veröffentlicht). Die Komplikationen folgen dann im Anschluss, denn so leicht sind keine Zwischenstände aus der A-Jugend-Regionalliga zu finden. Nach 88 gespielten Minuten hebt er den Blick von seinem Display. „Das Spiel findet erst in einer Woche statt. Und wie steht’s hier?“

Noch immer 1:2. Und nichts verpasst in der letzten halben Stunde. Nachdem auch die letzten beiden Minuten verstrichen sind, werfen wir einen Blick in die Gänge der Arena.

In diesen sieht es aus, wie es nach einer guten Party eben so aussieht. Vor drei Tagen hatten Depeche Mode im Parken ein Konzert gespielt und ganz offensichtlich hat sich seitdem niemand bemüßigt gefühlt, hier einmal feucht durchzuwischen. Pappkartons und Plastikmüll liegen in einer knöcheltiefen Popcornlache, durch die FUDU nun in Richtung Versorgungsstand stakst. Dieser ist nicht verschlossen und der Hoollege wäre nicht der Hoollege, wenn er sich unbeobachtet nun nicht am Zapfhahn ausprobieren würde. Und siehe da, auch die Bierfässer zeigen sich einsatzbereit und da freundlicherweise auch Pappbecher zur Befüllung bereitstehen, gibt es nun Bier auf’s dänische Haus. Leider fehlt zum perfekten Verbrechen etwas Kohlensäure, sodass lediglich ein kleiner Becher in Fettis Schweinemagen wandert. Klauen ist zwar super, aber ein gewisser Qualitätsanspruch sollte dabei stets gewahrt bleiben!

Den Nachmittag lassen wir dann nach einem kurzen Sightseeing-Programm („Chlamydia Castle“) in einer Kneipe in der Innenstadt ausklingen. Bei gerade einmal 7,50 € pro Bier bereitet es besonders große Freude, die Relegationspartie zwischen Viborg und Helsingør am Bildschirm zu verfolgen. Hätte man doch bloß auf Kohlensäure verzichtet. Große Freude haben wir aber damit, dass sich die Kneipentür von Innen nur schwer öffnen lässt und der eine oder andere Trinker nach dem zweiten gescheiterten Öffnungsversuch reumütig an den Tresen zurückkehrt. Der italienische Freund unseres Gastgebers serviert uns derweil ein Gesöff namens „Gammel Dansk Bitter“ und macht sich fortwährend über den Klang der deutschen Sprache lustig. Am Ende gelingt dem FC Helsingør der Aufstieg in die Superliga. Da lässt sich FUDU nicht lumpen und schafft ebenfalls das Unmögliche: Die Kneipe durch die Tür verlassen, noch bevor es Nacht geworden ist! /hvg