346 346 FUDUTOURS International 25.04.24 00:35:01

06.11.2018 Odense BK – 1.FC Union Berlin 3:1 (3:1) / Kunstgræsbanen i Ådalen / 57 Zs.

Wirklich schön, dass gleich mehrere gotteslästerliche FUDU-Schweine über Sozialkompetenzen verfügen und bereits früh am Morgen Bereitschaft zeigen, ihren Anteil an einem opulenten Frühstück im dänischen Ferienapartment zu leisten. So heißt es bereits gegen 9.00 Uhr: …und für Dich und für mich ist der Tisch gedeckt, lieber Fetti hab Dank, dass es uns gut schmeckt!

Neben Fettis Freunden leistet aber auch die ortsansässige Brauerei ihren Beitrag zu einem gelungenen Auftakt in den Dienstag. Das „Albani Rød“ stellt dank seiner süßlich-malzigen Note das perfekte Begleitgetränk zur ersten Mahlzeit des Tages dar. Leider muss die „Alarmstufe Rød“ jedoch recht bald wieder für beendet erklärt werden, da man im „Baltic Sea Cup“ bereits um 11.00 Uhr zum Anstoß bittet. Da fällt einem ja fast vor Schreck das Frühstücksbier aus der Hand. Das ist doch keine Zeit für ein Fußballspiel!

Die „Kunstgræsbanen i Ådalen“ hat zweifelsohne für eine schlaflose Nacht und den einen oder anderen feuchten Traum gesorgt. Nun hat die Wartezeit ein Ende und der Kunstrasenplatz der Jugendakademie Odenses kann endlich gekreuzt werden. Voller Vorfreude werden die Pferde gesattelt, die Rucksäcke geschultert und der noch immer passabel gefüllte Bierkasten gestemmt. „Farvel“, Herr Juhl, „Farvel“ Frau Bai. Wir sehen vielleicht aus wie Nomaden, die ihren Lebensmittelpunkt wieder einmal temporär verlagern wollen, aber genaugenommen wollen wir vor unserer Rückfahrt nach Berlin nur noch schnell zum Fußball. Unser Zeug nehmen wir mit.

Vor uns liegt ein 2,5 Kilometer langer Spaziergang, der mit all dem Gepäck im Schlepptau gar nicht so angenehm ist. Nach wie vor haben wir kein Lebenszeichen aus dem Großraum København vernommen. Die FUDU-Außenstelle Dänemark scheint sich angesichts der Verlegung des Spiels aus dem Stadion auf die Kunstgrasbahn noch in Schockstarre zu befinden, anders ist es nicht zu erklären, warum wir noch immer im Unklaren darüber sind, ob sich unsere dänischen Freunde heute gerade machen werden. Im Leben ist halt nicht immer alles nur Champions League!

Der Vereinssitz und die Nachwuchsakademie befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft der „Odense Å“. Das Fließgewässer hat eine Länge von ungefähr 60 Kilometern, ist Fünens längster Wasserlauf und sorgt hier für ein angenehmes Ende des Spaziergangs. So eine kleine Wanderung durch den Wald kann man ja beinahe als seriöse Urlaubsunternehmung verkaufen.

Nicht mehr ganz so seriös geht es wenige Augenblicke später zu. Der Ordner des „OB“ (Odense Boldklub), der den Kunstrasen bewacht, schaut jedenfalls nicht schlecht aus der Wäsche, als plötzlich fünf Schlachtenbummler aus Deutschland um die Ecke biegen und einen Kasten „Albani“ mit sich herumwuchten. Freundlich kompetent begrüßt er uns und lässt uns mit sämtlichem Gepäck passieren, ohne ein Drama daraus zu machen. Später wird man auf der Website der Gastgeber beinahe begeistert anführen, dass „også rejst en håndfuld tyske fans med op til Odense for at støtte deres hold“. Eine „handvoll“ Fans aus Deutschland also, die mitgereist sind, um ihr Team zu unterstützen – der „Baltic Sea Cup“ elektrisiert eben die Massen!

„Unser Team“ verzichtet heute übrigens auf jedwede Unterstützung von Spielern über 21 Jahren. Moser, Maloney und Taz sind mit ihren 19 Lenzen und ihrer Nähe zum Profikader noch die erfahrensten Haudegen innerhalb der Union-Truppe, die ansonsten aus Spielern der Generation 2000 besteht. Um das für die Nachwelt festzuhalten und um Werdegänge der Nachwuchskicker Unions irgendwann einmal nachvollziehen zu können, darf der Kader hier kurz Erwähnung finden: Riecke (der laut offiziellem Spielberichtsbogen mit Geburtsdatum 07.11.2018 morgen auf die Welt kommen wird – Gratulation im Voraus!), Alimler, Opfermann-Arcones, Cinar, Inaler, Sitz, Asllani, Veith. Auf der Bank nehmen Ludosan, Gencel, Maciejewski, Werner, Reinhardt, Möller und Eidtner Platz. Schmerzlich vermissen wir Eroll Zejnullahu, der in Unions erster Mannschaft leider keine Rolle mehr spielt und den wir hier und heute gerne auf dem Feld gesehen hätten.

Auf der gegenüberliegenden Seite sieht die Zusammenstellung des Personals schon deutlich anders aus. Torwart Sayouba Mandé (25) von der Elfenbeinküste hat bereits drei Länderspiele für sein Heimatland absolviert und soll heute als Nummer 2 der Profimannschaft Spielpraxis sammeln. Im Mittelfeld ist Julius Eskesen aufgeboten, der zwar erst 19 Jahre alt ist, aber der sich dennoch bereits Stammspieler in der dänischen Superliga nennen darf. Nach 11 Einsätzen über die vollen 90 Minuten hat ihn Mitte Oktober ein Leistenbruch außer Gefecht gesetzt. Ebenfalls zu Einsatzminuten kommt heute der 32-jährige Stürmer Rasmus Festersen, der bereits auf 135 Spiele und 38 Tore in Dänemarks bester Spielklasse verweisen kann. Es sieht also auf dem künstlichen Geläuf ein wenig so aus, als würde eine Herren- auf eine Jugendmannschaft treffen, dennoch sind wir es, die zuerst jubeln dürfen (Website OB: „De skulle blive de første til at juble“).

Fisnik Asllani trifft nach neun Minuten mit einem schönen Rechtsschuss in die lange Ecke zum 0:1. Der Ausgleich für Odense BK fällt lediglich zwei Minuten später. Nach einer Flanke steht Eskesen goldrichtig und verwandelt per Kopf zum Ausgleich. Leider schlägt Odense nicht nur einmal, sondern direkt doppelt zurück. Es vergehen keine 60 Sekunden, da haben die dänischen Sportsfreunde das Ding bereits gedreht. Mit einer Volleyabnahme aus der zweiten Reihe bringt Mads Frøkjær seine gestreiften Farben mit 2:1 in Führung. Die Rolle Mosers bei diesem Gegentor wird intern zu hinterfragen sein. Nach 23 gespielten Minuten geht endlich eine Nachricht der FUDU-Sektion ‚Dänemark‘ ein. Unsere beiden Fußballexperten melden, dass sie bald am Stadion eintreffen werden und müssen nun noch einmal eindringlich darauf hingewiesen werden, dass ihnen das rein gar nichts nützen wird. Wer Union sehen mag, muss raus nach Ådalen! Ein Meister seines Fachs ist der, der bereits 160 Kilometer im Auto gesessen hat, die erste Halbzeit auf jeden Fall verpassen wird und dann eine solche Frage stellt: „Where is Ådalen? Is it still in Odense?“

Kurz vor Halbzeitpfiff trudeln die beiden Dänen in unserer Gruppe ein und freuen sich über ein Begrüßungsgetränk aus dem „Albani“-Kasten. Verpasst haben sie das 3:1 durch Mikkel Michelsen, der nach 33 Minuten eine Ecke per Kopf verwerten kann. Ein junger Unioner hatte den Ball am ersten Pfosten unglücklich verlängert und im ersten Moment hatte es gar nach Eigentor gerochen. Nun sind wir also endlich komplett, schießen Gruppenfotos und zählen die Zuschauer. Es sind 57 Menschen, die sich um den Kunstrasenplatz, der nicht einmal über eine Barriere zum Aufstützen (weniger Ausbau geht nicht!) verfügt, versammelt haben.

Das nächste Highlight darf in der 62. Minute notiert werden. Ein weiterer Unioner erreicht die legendäre „Kunstgræsbanen“ zu Ådalen und klagt uns sein Leid. Er habe kurzweilige 14,5 Stunden Busfahrt hinter sich und sei zielstrebig zum Stadion gelaufen, in der Hoffnung, das Spiel könnte dort stattfinden. Union habe im Vorfeld nicht auf seine Anfragen reagiert, wo und wann das Spiel ausgetragen wird – hätte er mal den Newsletter bestellt oder die Website regelmäßig gelesen, der Amateur. Während wir im Geiste das Hurensohn gegenüber Herrn Wamsler zurücknehmen, holt er – gebt zu, das habt ihr kommen sehen – einen Kürbis aus seiner Plastiktüte.

Irritationen unsererseits. Ein Mensch hat 14,5 Stunden Busfahrt und einen außerplanmäßigen sieben Kilometer langen Marsch vom Bahnhof zum Stadion zu einem Kunstrasenplatz auf sich genommen, um ungeborene Fußballspieler 30 Minuten beim Kicken zusehen zu können. Kurz nach Abpfiff wird er sich direkt auf den 14,5 Stunden langen Heimweg begeben müssen. Tagesausflug, 1200 Kilometer Reise, bisschen laufen zwischendurch. Wir haben 100 Leute gefragt: Nennen Sie einen möglichst praktischen Reiseproviant für ein solches Vorhaben! Bäm. Gefüllter Kürbis!

Offenbar haben übrigens auch die Vereinsverantwortlichen des Odense Boldklub die Zuschauerzählung in der Halbzeitpause vorgenommen. Diese wird tags darauf mit 57 angegeben und somit darf die FUDU-interne Zählung von 11.41 Uhr als valide betrachtet werden. Da muss man wohl oder übel konsta(n)tieren: Leider geht der „Kürbiskopf“ heute nicht einmal mehr in diese Statistik ein…! Dafür führt er eine andere Statistik unangefochten an, oder kennt ihr einen anderen Menschen mit bundesweitem Aufkleberverbot?

Das Fußballspiel läuft parallel weiter. Die dänischen Experten benennen die Spieler Frøkjær und Harboe als kommende Profispieler. Auf dem Feld überlässt Odense den jungen Unioner nun etwas mehr Zeit und Raum, sodass man das Spiel nun offener gestalten und einige spielerische Akzente setzen kann. Berkan Taz scheitert in aussichtsreicher Position am eingewechselten Gejl. Letztlich wird Union aber nicht zwingend genug und den Spielern Odenses fehlt der finale Ehrgeiz, ihre Umschaltsituationen mit letztem Feuereifer auszuspielen. So bleibt alles beim Alten und der Schiedsrichter beendet um 12.45 Uhr überpünktlich die Partie.

FUDU und Freunde gehen im Anschluss der Partie noch in einen entspannten Austausch mit Sebastian Bönig, der heute als Coach für diese erlesene Auswahl Nachwuchskicker verantwortlich war. Den ersten satirischen Beitrag des Hoollegen („Stellt Euch, dit war ja wohl nüscht heute!“) kriegt er noch etwas in den falschen Hals, kann uns volltrunkene Kernassis dann aber schnell argumentativ überzeugen. Seine „Burschen“ hätten sich gegen körperlich überlegene und teilweise gestandene Profis wirklich achtbar aus der Affäre gezogen. Über die Gründe für Erolls Fehlen gerät er nicht unbedingt ins Plaudern, deutet aber an, dass man eben auch Motivation zeigen müsse, sich für ein solches Spiel „zehn Stunden in den Bus zu setzen“. Während der „Kürbiskopf“ wohl aktuell ausrechnet, wie viel Zeit er durch seinen Umstieg in København und den unnötigen Haltestellen zwischen Odense und Berlin so verplempern wird, ist Unsympath Lutz Munack als Anstandswauwau neben uns aufgezogen und guckt „Böni“ doch genau auf den Mund. Mit einem „Eroll ist 24, was soll der denn in einer Nachwuchsmannschaft spielen?“ stellt er dann auch noch unter Beweis, dass er Sinn und Zweck des „Baltic Sea Cup“ vollumfänglich begriffen hat und zieht dann glücklicherweise alsbald von dannen.

Herr Bönig ist dann doch sichtlich erschrocken, als er von uns allen erfährt, dass wir tatsächlich eigens für dieses Spiel aus Berlin angereist sind und uns nun auf den Heimweg begeben müssen, da morgen die Arbeit wieder ruft. Der Hoollege führt berechtigterweise an, dass wir bereits um 20.30 Uhr wieder zu Hause sein werden und dann immer noch locker Zeit hätten, in einer Kneipe einzukehren. Mit einem Augenzwinkern, einem süffisanten „ausgerechnet Du brauchst noch eine Kneipe“, guten Wünschen für die Reise, Handshakes und einem kräftigen „Eisern“ verabschiedet sich „Böni“ eben so, wie es sich für einen echten Unioner gehört.

Wir verabschieden uns von unseren dänischen Freunden, decken uns in der Fußgängerzone ohne die vom „Kürbiskopf“ erwarteten Störmaßnahmen der Ultraszene Odenses noch mit Speis und Trank für die Rückfahrt ein und wappnen uns bereits unbewusst für den Kampf gegen die Satelliteneltern aus den Yuppie-Lofts am Gleisdreieck, den wir ab Hamburg in der Bahn ausfechten müssen. Ekelhafte Menschen, die angesichts unser Biervorräte heftiger mit den Augen rollen als die Weismainer das große R. Hinter uns liegen Nachwuchsförderung und Gotteslästerung in Dänemark. Vor uns liegen drei Tage Berlin. Und das kriegt man ohne Kneipe nun wirklich nicht hin… /hvg