611 611 FUDUTOURS International 21.11.24 10:06:46

29.05.2016 Brøndby IF – Sønderjysk Elitesport 1:2 (1:0) / Brøndby Stadion / 18.958 Zs.

Vollbepackt mit dänischen Gebäckspezialitäten und einem schmalen Getränkevorrat für die kurze Überfahrt macht sich die Reisegruppe auf zum Bahnhof Østerport (Anmerkung der Redaktion: Die Marketingabteilung FUDUs empfiehlt der Supermarktkette NETTO eine neue Eigenmarke zu kreieren und Dosenbier unter dem Namen „BRUTTO“ zu verkaufen! Was brauchen wir? Mehr Brutto vom Netto!). Wie schon des Öfteren ist diese nur unwesentlich später mal wieder von einer besonderen Albernheit betroffen, welche ihren Höhepunkt findet, als bei der Suche nach der S-Tog in Richtung Hundige die Befürchtung aufkommt, man müsse nach „szenehundigen Beamten“ Ausschau halten. Flachwitz, fast die Bahn verpasst, schlussendlich doch in der roten Schlange unterwegs in Richtung Brøndby Strand.

Während der Fahrt vom FCK/B93 Standort schlägt das Hopperherz bei diversen Flutlichtmasten höher und die Emotionen überschlagen sich förmlich, als uns bewusst wird, dass es sich um die Standorte Valby Idrætspark und Hvidovre Stadion handelt. Beide Stadien wurden vor genau einem Jahr besucht.

Am Zielbahnhof angekommen stellen wir zu unserer Ernüchterung fest, dass es in Brøndby Strand gar keinen Strand gibt, sondern wir in einem ziemlich tristen Banlieue mit diversen Hochhausbauten gelandet sind. Da FUDU auch stets seinem Bildungsauftrag nachkommen will, darf an dieser Stelle darauf verwiesen werden, dass Brøndby mit København in etwa so viel zu tun hat wie Babelsberg mit Berlin. Dem nächsten Sportkommentator, der fachkundig von „Brøndby Kopenhagen“ spricht, könnt ihr also getrost durch die Mattscheibe hindurch eine auf die Nase geben.

Wir entscheiden uns dann voller Überzeugung für etwas Ghettotourismus, verlieren dabei die Zeit etwas aus den Augen, doch der höchste Fahnenmast Dänemarks sowie ein Smartphone weisen zuverlässig den Weg. So weit wird dieser nun auch nicht mehr sein, denken wir uns, als wir die letzten Plattenbauten der Sozialbausiedlung hinter uns gelassen haben und uns auf einem schnurgeraden Radweg entlang der einzigen Hauptstraße inmitten eines an Brandenburg erinnernden grünen Nirgendwo befinden.

Eine folgenschwere Fehlannahme bei über drei Kilometern Fußweg, an dessen Ende wir fünf Minuten nach Anpfiff das Stadion betreten können. Die wegfallende Sicherheitskontrolle kann uns über die Gewissheit einer verpassten Choreographie nicht hinwegtäuschen und 50 Kronen für ein Bier halten uns davon ab, den Verlust dieses möglichen Highlights zu betrinken. Im Nachgang der Reise klären diverse Bildquellen auf, dass die Sydsiden mit der Choreographie gleich drei Spielern gedenkt, die heute verabschiedet werden. Elmander, Dumisi und Agger, wobei ins Besondere Letzterer auch weniger versierten Fußballkennern nach 10 Jahren Zugehörigkeit zum Liverpool FC ein Begriff sein sollte.

Die Trauer ob der verpassten Choreographie weicht schnell der hellen Freude über das Publikum, welches fast komplett in Gelb gekleidet erschienen ist und somit das Stadion ein geschlossenes Bild abgibt. Die Platzwahl ist frei und die Tür zwischen den Blöcken im Oberrang offen, sodass wir uns für einen Eckfahnenplatz entscheiden, von dem aus auch der volle Gästeblock beobachtet werden kann. Viele der heutigen Stadionbesucher zählen allerdings offenbar nicht zum Stammpublikum, was uns anhand des vielen Gequatsches um uns herum schnell klar wird. Auch das Angebot, mit dem Kauf eines Nickis oder Trikots die Eintrittskarte für das heutige Spiel gratis mit in den Warenkorb gelegt zu bekommen, wurde offensichtlich reichlich angenommen. Durch unseren Lokalhelden kommen auch wir zu dem Vergnügen, keinen Eintritt für diese Partie zahlen zu müssen und sorgen so mit den vielen anderen Eventies für eine Verdoppelung der Zuschauerzahl im Vergleich zu den vorhergehenden Heimspielen.

Für BIF geht es um nichts mehr, der vierte Platz ist gesichert und berechtigt, dank des Doubles des Erzrivalen aus der Hauptstadt, zur Teilnahme an der EL-Qualifikation. Leider fällt dementsprechend auch der Support der Sydsiden aus. Größere Aufmerksamkeit erlangt zwischenzeitlich nur das „Schalalala Hey Brøndby, AHU“. Ein gewisser Austausch der Fanszene mit den Jungs einer mecklenburgischen Ostseemetropole hat sich ja schon in der DVD „Blau Weiß Rot“ angedeutet und eine Gegenbewegung zum Band FCK/HSV ist ja gar nicht so weit hergeholt. Aber was hat das eigentlich mit Fußball zu tun? Exkurs Ende.

Für die Gelbblauen ist das hier und heute also eher eine Pflichtveranstaltung. So auch für mich und ich entschließe mich angesichts der Tatsache, über den gesamten Verlauf des Wochenendes kaum ein Auge zubekommen zu haben, für ein weiteres Nickerchen bei rollendem Ball. Für die Elitesportler aus Sønderjysk geht es hingegen sensationell um Rang 2 in der tabellarischen Endabrechnung. Entsprechend ausgelassen fällt der Torjubel zum 1:1 kurz nach der Pause aus, auch weil Midtjylland zur Halbzeit bereits 2:0 führt, wodurch mindestens ein Punkt erkämpft werden muss, um dem Traum von der Champions League näher zu kommen. Mit dem 1:2 (nach katastrophalen Fehler Daniel Aggers, der wohl doch nicht so ganz zu Unrecht mit nur 33 Lenzen die Schuhe an den Nagel hängt) lassen die Jungs um Thommy Bechmann dann die Katze aus dem Sack und die Überraschungsmannschaft der Saison 15/16 kann ihren beachtlichen Erfolg manifestieren. Davon reichlich gelangweilt setzt im Rest des Stadions ein fluchtartiger Bewegungsstrom ein und zwischen der 80. Minute und dem Abpfiff leeren sich die Tribünenteile abseits der Fanblöcke um nahezu 50 Prozent. Im unteren Tribünenteil wird ein Typ beim Gehen noch von den Ordnern umgerissen, was er verbrochen hat, bleibt uns aber leider vorenthalten.

Die verbleibenden Zuschauer feiern nach Abpfiff ihre Mannschaften, wobei Johann Elmander von der Sydsiden besonders bedacht wird. Nach einer roten Karte gegen Viborg (nach überzeugenden Schlag in des Gegners Gesicht) konnte sich dieser bedauerlicherweise am Tag seines Abgangs nicht spielend von den Fans verabschieden. Hinter uns sammeln vier dänische Testosteronbomber halbleere Bierbecher, lassen den Inhalt von einem Becher in den nächsten schwappen und setzen der Zeremonie dann die Krone auf, indem sie freibleibende Kapazitäten mit Eigenurin auffüllen. FUDU setzt nun konsequent auf den Schulterblick, um die Gefahr eventuell fliegender Becher einschätzen zu können. Doch zu unserer Erleichterung bleibt es nur bei Erleichterung ohne weitere Vorhaben in der Folge. Am Abend des nächsten Champions League Finales werden uns unsere Gastgeber dieses dänische Ritual des Becherpissens erklären müssen…

Nach dem Spiel machen wir es den Einheimischen gleich und nutzen den Bus nach Brøndbyøster und lassen uns zu Vorstadtpreisen Kebab, Pølser und Øl schmecken. Nachdem auf der Rückfahrt unsere SMS-Fahrkarte tatsächlich kontrolliert wird, wendet der IKEA-Hooligan aka Hoollege geschickt den Anstechtrick an und kann neben seinem Bier einen gehörigen Schluck aus der unfreiwillig angebrochenen Büchse der Mitreisenden ergaunern. Wahrlich, von diesem Taschenspieler kann man noch einiges lernen.

Am nächsten Morgen verlassen wir in aller Herrgottsfrühe das Haus unserer Gastgeber. Gegen 6.30 Uhr in der Frühe passieren wir auf dem Weg zum Bahnhof abermals das Haus der Familie Deutsch, sparen uns aber einen entsprechenden Gruß. Wir stellen fest, dass der gemeine Däne bereits vor dem Aufstehen über Laufbänder flitzt und Gewichte stemmt. Teile unserer Gruppe befinden sich aktuell genaugenommen restalkoholisiert auf dem Weg zur Arbeit, aber um 7.00 Uhr ins Fitnessstudio? Meine Güte, kriegt Euer Leben in den Griff! /fifa