588 588 FUDUTOURS International 27.04.24 12:25:17

13.07.2017 FK Sturm Graz – FK Mladost Podgorica 0:1 (0:1) / Liebenauer Stadion / 7.109 Zs.

Nachdem Nadjuschka den Hoolger mit diversen „Villacher Märzen“ niedergerungen hat und wir ihn mit Regenschirmen sicher und trocken zu seinem Zimmer geleitet haben, heißt es auch für uns, Erwin, nach Schirmrückgabe, zu verlassen. Da es für mich am Abend leider nur „Rohrschnaps“ gab, liegt es heute mal an mir, den Tschenbentley durch Gewitter und Nebel in Richtung unseres Zeltplatzes zu steuern. Angenehm ist anders.

Dieser liegt nicht weit von Graz entfernt. Neben Orten wie Pack und Edelschrott („Grüß Gott in Edelschrott“) liegt das idyllische Hirschegg, welches sich am Aushang des Camping-Sanitärhauses selbstbewusst als zweitschönstes Blumen-Bergdorf bewirbt. Die spielfreie Zeit nach unserem Wolfsberg-Ausflug verbringen wir mit Biertrinken im Dorfcafé („Gut, besser, Gösser“), Baden im Rudolfteich, Sonnenbaden, kleinen Runden Tischtennis an der oft geschlossenen Teichkneipe und leichtem Wandern. Allerdings bereitet Wandern bei ca. 28°C nur bedingt Spaß und wenn nun mal nicht der Weg das Ziel ist, sondern die Wirtschaft und diese dann geschlossen hat, hinterfragt man sein Handeln sehr wohl.

Unser Campingplatz wird, wie auch schon letztes Jahr in Litauen, von einem Niederländer geführt. Dieser ist aber kein Fußballfan, sondern Formel 1 Anhänger, im Speziellen von Landsmann Max Verstappen. Er erzählt begeistert vom zurückliegenden Wochenende, als der komplette Platz voll war mit niederländischen Motorsportfans. Anlass war der „Große Preis von Österreich“ im nicht allzu weit entfernten Spielberg. Weniger Spaß hatte allerdings Verstappen, dieser kollidierte mit Alonso und musste das Rennen daher in der ersten Runde bereits beenden. Die Stimmung soll auf dem Platz trotzdem gut gewesen sein und wir sind jedenfalls froh, dass die Fans dieser Randsportart ihre Zelte schon abgebrochen haben und wir zum Glück unsere Ruhe haben.

Am heutigen Donnerstag bewegen wir uns, mit Zwischenhalt am Packer Stausee (mit Sturm Graz Graffiti auf dem Dach des Turbinenhauses), frühzeitig nach Graz. Vor und im Stadion herrscht hier noch die Ruhe vor dem Sturm. Es werden aber schon die Zapfwagen, Bierbänke und die TV-Kameras in Position gebracht. An der Kassa 14 ist leichter Andrang, denn Aboinhaber und Mitglieder haben heute freien Eintritt. Diesen Umstand muss natürlich der Hopper ausbaden und so wechseln stolze 24 € pro Person den Besitzer. Auch stolpern uns hier noch drei Lads aus Birmingham entgegen, welche schon vor zwei Tagen in Wolfsberg ordentlich Sonnenbrand hatten und deren Hautfarbe sich mittlerweile in Krebsrot gefärbt hat.

Da wir noch vier Stunden bis zum Anpfiff haben, verabschieden wir uns in Richtung Graz-Altstadt. Auf ein Fußpils wird bei tropischen Temperaturen verzichtet, Wassereis heißt die kalte Alternative. Grazer Uhrturm, das Rathaus und der Herzogshof („Gemaltes Haus“) werden gespottet. Den Schlossberg klemmen wir uns temperaturbedingt und kehren lieber ins „Gösser Bräu“ ein. Auf den Bildschirmen im Inneren müht sich der SCR Altach gegen die Weißrussen von Dinamo Brest. Wir bevorzugen allerdings den Biergarten, der Dank zweier Bäume, angenehm schattig ist. Die Speisen sind super und die Bedienungen auf Zack. Wir fallen trotz unserer Ostdeutschen Herkunft nicht auf deren vermeintliches gratis Backwerk herein. So guckt der Ober am Ende des Biergartenaufenthalts nur etwas mürrisch in den Brotkorb und meint „Gebäck hattn’s keins!?“.

Den Weg zurück zum Stadion gehen wir entlang des Mur Wanderwegs. An diesem soll in den nächsten Jahren das Wasserkraftwerk Mur entstehen. Gegen dieses Kraftwerk hat sich eine Initiative gegründet, die sich gegen die Rodung tausender Bäume, das Aufstauen der Mur, einhergehend mit der Verschlechterung der Wasserqualität und der Steuergeldverschwendung, wehren möchte. Teilweise sieht es daher recht traurig aus (Baumstümpfe, halbabgerissene Datschen…) und der Protest ist sichtbar durch an die Wand gepinselte Parolen und durch wildes Plakatieren.

Das „Liebenauer Stadion“ liegt im gleichnamigen Grazer Stadtbezirk und wurde 1997 eröffnet. Von 1997-2005 hieß es Arnold Schwarzenegger Stadion, seit 2005 sind es Sponsoren, die den Stadionnamen erkaufen. Neben dem Stadion befindet sich die Eishalle, Heimat der Eishockey Teams ATSE Graz, der Grazien der DEC Devils und den Basketballern der 99ers.

Wahrscheinlich auf Grund der Freikartenaktion sind, wie ich finde, respektable 7.109 Zuschauer im Stadion, wobei sich der Hauptteil davon in den Fansektoren der Nordtribüne befinden. Eine KSC Fahne (Mehr Fanfreundschaften als Punkte!) hängt auch am Zaun, aber ansonsten macht der Fanblock einen guten Eindruck und mit Anpfiff gut Alarm. Allerdings verzögert sich dieser, denn die Partie beginnt mit zweiminütiger Verspätung, weil eine TV-Kamera noch nicht startklar ist.

Nach Anpfiff tun es die Grazer Spieler, im Speziellen der Ex-Bundesligastar Christian Schulz, der TV-Kamera gleich und sind ihrerseits ebenfalls noch nicht startklar. In der ersten Spielaktion spielt der depperte Piefke Schulz einen Rückpass zu kurz zum anderen Piefke Jörg Siebenhandl (Neuzugang vom Rückrunden-Giganten Kickers Würzburg), sodass ein Montenegriner sich den Ball erläuft und Schulz kann diesen nur mit einem Foul stoppen – Elfmeter und gelbe Karte! Krkotić sagt „GRAZie mille“, verwandelt souverän und lässt es sich nicht nehmen, ausgiebig vor der Heimkurve zu jubeln. Diese ist natürlich am Pöbeln und Krkotić sieht dafür die gelbe Karte. So entsteht danach bis zum Halbzeitpfiff eine völlig einseitige Partie, in der nur Sturm Graz spielt und die Gäste mit zwei tief stehenden Viererketten verteidigen. Graz spielt sehr gefällig bis zum Strafraum, allerdings sind die Abschlüsse, soweit sie zu Stande kommen und die Bälle nicht geklärt werden, wenig grazil. Ein Tor erzielen sie noch, allerdings wird es aufgrund einer Abseitsstellung nicht gegeben.

Die Halbzeitpause verbringen wir mit Menschengucken. So beobachten wir einen Jüngling, der sich, sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg, beim Übersteigen der Sektorengrenze die Hoden quetscht. Vor uns sitzen zwei Generationen Zwillinge mit exakt den selben Nasen, wobei die jungen Brüder sich gegenseitig ihre Selfies mit EffZeh Spielern im Trainingslager zeigen. Dazu versucht ein Typ seinen Kumpels im Sektor gegenüber in breitestem österreichisch („beim Ballbuam, zehn Reihen nach oben“) klarzumachen, wo er sitzt. Da brauchen wir einfach nichts konsumieren in der Halbzeit, um uns passiv zu amüsieren.

Auch in der zweiten Halbzeit geht es nur in Richtung Gästetor, wobei das Anrennen eher kopflos daherkommt. Auch alle auf die Offensive ausgerichteten Einwechselspieler von „General Franco“ Foda können den Ball nicht im Tor unterbringen. Podgorica hat noch eine Chance, die allerdings von Ivan Knežević jämmerlich vergeben wird. Dieser soll als einziger Gästespieler die Offensive beleben und als Konterstürmer agieren, nur leider ist er mit seinen 1,98 m und 90 kg dafür absolut nicht gemacht und so scheitert er teilweise schon bei der Ballannahme.

Die Abwehr macht einen deutlich besseren Job, so kann Sturm nur noch sein obligatorisches Abseitstor erzielen. Kaludjerović fliegt noch mit gelb-rot vom Feld, aber kurz danach ist Schluss. Was für ein unverdienter Sieg und wenig graziös dazu, aber dies sind ja bekanntlich die schönsten Siege – für die man auch gerne einmal durch Nebel und Gewitter fährt! /hool