231 231 FUDUTOURS International 20.04.24 03:29:34

24.03.2018 Bury FC – Wigan Athletic FC 0:2 (0:1) / Gigg Lane / 5.207 Zs.

Das Jahr 2018 ist noch nicht sonderlich alt und der letzte England-Aufenthalt FUDUs liegt erst einige Wochen zurück. Wie so häufig schwelgte man bei dem einen oder anderen Treffen mit Freunden in Erinnerungen und erzählte Geschichten aus Tausendundeinernacht, von „Pints“, „Pies“ und „Britcats“. Nun ist der Hoollege restlos überzeugt und möchte endlich einmal wieder auf die Insel der Glückseligkeit zurückkehren, die er letztmals im Rahmen einer London-Klassenfahrt vor gut 15 Jahren besuchen durfte. Es ist Länderspielpause und irgendjemand kluges findet im Internet heraus, dass dieses England auch außerhalb von Weihnachten und Silvester geöffnet hat. Umgehend werden im Spielplan zwei-drei Spiele im Großraum Manchester gesichtet, Flugtickets gebucht und schon sitzen wir am frühen Morgen des 24.03. im Tschechenbentley und werden zwecks Wochenendabschiebung zum Flughafen Schönefeld gefahren.

Dort mustert der Bundespolizist skeptisch meinen Ausweis. Ob er wohl bemerkt, dass ich währenddessen ebenso skeptische Blicke auf seinen Ohrlappen werfe, weil dieser mit einem Eisernen Kreuz verziert ist? Eisernes Kreuz, Thorhammer, Erik and Sons, Todesstrafe für Kinderschänder. Wird man doch wohl alles tragen dürfen, ohne gleich in die rechte Ecke gedrängt zu werden.

Ganz andere Probleme hat derweil die junge Engländerin hinter uns, die von ihrem gestrigen Berliner Kneipenabend sichtlich gezeichnet in der Schlange schwankt, sich dann und wann auf den Fußboden zurückzieht und hilflos an einer Flasche Wasser nuckelt. Halte durch, Mädchen. Der nächste Pub ist nur noch einen Flug entfernt!

Im Flugzeug nimmt der Hoollege Platz in Reihe 32, während RyanAir mir einen Sitz in Reihe 8 zugewiesen hat. Wirklich ein echtes Ärgernis, diese neue Masche der Billigfluglinie, die die Leute zum Umbuchen ihrer Sitze gegen Aufpreis animieren soll. Denken wir genauso lange, bis neun Junggesellenabschied-Trottel mit uniformen Aloha-Basecaps die Maschine betreten und von der irischen Ausbeuterfirma gnadenlos getrennt und großflächig im Flugzeug verteilt werden. Ich meine, jeder für sich alleine ist schon unheimlich dämlich, aber als Gruppe? Kaum auszuhalten.
Und bei den Aloha-Jungs wird das wohl kaum anders sein als bei uns…

Mit der „Metrolink“ ist die Fahrt vom Manchester Airport in die Stadt schnell zurückgelegt. Für die gebuchten Zugverbindungen des morgigen Tages (Da lacht sich der geschickte rumänische Kassenwart ins Fäustchen: Manchester-Sheffield und Sheffield-Chesterfield separat zu buchen, brachte eine Ersparnis von gut 20£ p.P. im Vergleich zu dem von der britischen Bahn angebotenen Rundum-sorglos-Ticket von Manchester nach Chesterfield via Sheffield…) muss sich FUDU nun mit einem Ticketautomaten an der „Victoria Station“ herumplagen. Abgesehen von diversen Anbietern und unübersichtlichen Preismodellen auf englischen Schienen wird das Abenteuer Bahnfahren zusätzlich dadurch kompliziert, dass man seine Tickets zwar online kaufen und bezahlen, nicht aber bereits zu Hause ausdrucken kann. Stattdessen erhält man Zahlencodes, die man nun zwecks Abholung in den Automaten hämmern muss. Für unsere drei Zugfahrten (Chesterfield-Nottingham inklusive) sind bereits an die 20 orangene Zettelchen aus der Maschine gefallen, ehe der Automat plötzlich eine Fehlermeldung anzeigt. Wir überprüfen die Ausdrücke (Cunt! Wanker! Prick!) und sind ziemlich sicher, die Zugfahrten mit diesem ausgeschütteten Fahrkartenmaterial schon problemlos zurücklegen zu können.

Außerdem interessiert sich Gegenwarts-Fetti bekanntermaßen nicht für die Probleme von Zukunfts-Fetti. Was auch daran liegt, dass auch Gegenwarts-Fetti eine kleine Hürde zu überspringen hat. Leider hat der englische Fußballverband das Spiel Oldham AFC gegen Walsall FC nämlich verlegt, was nun die Hotelbuchung in Oldham etwas ad absurdum führt. Die Alternative in Bury ist zwar schnell auserkoren, liegt jedoch auf einer anderen Straßenbahnlinie und ein Check-In vor Anpfiff würde so einen recht passablen Umweg bedeuten. Fetti entscheidet sich, noch etwas am Bahnhof zu verweilen und das entstandene Zeitfenster bei einer leckeren „Steak and Cheese Roll“ vom „Greggs“ konstruktiv zu nutzen und „Britcats“ zu begaffen.

Als wir die Endstation Bury erreicht haben, ist es uns gelungen, mit der „Metrolink“ alle Zonen Manchesters passiert zu haben – und zwar in beide Richtungen. Angefangen in der Zone 4 im Westen (Flughafen), über die Zonen 3 und 2 bis hinein in die Innenstadt, um dann wieder durch die Zonen 2 und 3 an den nordöstlichsten Stadtrand hinaus in die Zone 4 zu fahren. So viel Fahrspaß für nur 5,40£!

Schnell haben wir uns einen kurzen Überblick über Bury verschafft und die „Gigg Lane“ gefunden, in der heute der Tabellenletzte der „League One“ den Tabellenführer aus Wigan in Empfang nehmen wird. Die aktuelle Tabellenkonstellation deutet schon arg darauf hin, dass am Ende der Saison beide Teams die Liga verlassen werden.

Nach der Entrichtung von 20£ und einer halbherzigen Taschenkontrolle können wir das wirklich schöne Stadion betreten, das bereits von Außen mit rotem Backstein und blauem Blech nicht englischer hätte aussehen können. Noch verbleiben 20 Minuten bis zum Anpfiff – genügend Zeit also, sich in die Nähe des ominösen Punkts zu stellen und ein schnelles „Carlsberg“ aus der stilvollen Plastikflasche zu heben. Bei freier Platzwahl fällt es im Anschluss nicht schwer, pünktlich zum Anpfiff auf einer blauen Sitzschale des spärlich gefüllten Stadions Platz genommen zu haben.

Der haushohe Favorit aus Wigan, der heute leider auf seinen „Kultstürmer“ Will Griggs verzichtet, scheint die Partie in den ersten Minuten nicht in Gänze ernst zu nehmen. Die „Mighty Shakers“ aus Bury starten jedenfalls gut in die Partie und haben nach 20 absolvierten Minuten bereits zwei passable Torchancen herausgearbeitet. Auf dem sehr holprigen und sandigen Geläuf kommt es den Hausherren zupass, dass hier heute keine technische Klinge, sondern harte Arbeit gefragt ist. In Spielmacher Stephen Dawson kulminiert dieser Anspruch. So wird er zwar zum Dreh- und Angelpunkt des Angriffsspiels des Bury FC, indem er in wirklich jeden Angriff mit eingebunden wird und seine Mannen mit viel Leidenschaft antreibt. Doch selten hat man einen derart hölzernen Zehner mit so wenig technischem Geschick gesehen.

Die abgebrühten Gäste gehen in der 26. Minute mit ihrem ersten Angriff in Führung. Eine flache scharfe Hereingabe von der linken Seite an den Fünfmeterraum kann Nick Powell zum 0:1 verwerten. Der Torjubel der 2.040 mitgereisten Gästefans hat ordentlich Wucht, doch leider wird man im weiteren Verlauf der Partie nur selten akustisch aus dem Sattel gehen. Die Lads aus Wigan scheinen sich eher auf Durchreise zu befinden und so wird das Hauptaugenmerk auf einen Junggesellenabschied (oder eine verlorene Wette) im Block gelegt und ein Typ drangsaliert, der mit Bury-Trikot bekleidet Spießrutenlaufen muss und einige der oben aufgeführten Ausdrücke aus dem eigenen Block erdulden muss.

In der 37. Minute kann Wigan nach einem zu kurz geratenen Rückpass beinahe auf 0:2 erhöhen, doch der sympathisch übergewichtige Keeper Connor Ripley (191 cm, 98 kg) kann sich noch gerade eben so dazwischen hauen. Noch gibt sich der Außenseiter nicht geschlagen, hält die Partie offen und setzt seinerseits Akzente. Direkt im Gegenzug scheitert Neil Danns mit einem Fernschuss und unter Beifall der gut 50 aktiven Supporter auf der Gegengerade und des restlichen Publikums verlassen die Akteure Burys nach Halbzeitpfiff das Feld. In Bury ist man mit dieser Leistung offenbar sehr zufrieden. Die „Gigg Lane“ – Ein guter Ort, um ehrlichen Fußball zu sehen!

In der zweiten Halbzeit haben sich die Gäste aus Wigan vorgenommen, dieser Partie möglichst schnell den Deckel aufzusetzen. Mit deutlich höherer Geschwindigkeit im eigenen Spiel kann man nun schnell eine Dominanz ausstrahlen, die im ersten Abschnitt noch schmerzlich vermisst wurde. Der Qualitätsunterschied beider Teams wird nun spürbar und immer sind es die Spieler Wigans, die entscheiden, mit welchem Tempo gespielt wird und in welche Richtung sich das Spiel verlagert. Endgültig alles unter Kontrolle hat man dann nach dem 2:0, welches bereits in der 50. Minute per Kopfball am zweiten Pfosten durch Dunkley nach einem Eckstoß fällt. Einige Gästefans treibt es ausgelassen jubelnd auf den Rasen, was mehrere Ordner auf den Plan ruft, die nun in Richtung Gästeblock rennen. Doch noch bevor auch nur einer der alten Herren sein Ziel erreicht, sind die Fans der „Latics“ auch bereits wieder in ihren Block zurückgekehrt und werfen nun das Bury-Hemd wild durch die Gegend.

Ein wunderbarer Schlenzer von Mayor, der nur knapp am rechten Dreiangel vorbeizischt, ist die letzte Reaktion des Bury FC. Das 0:3 wird wegen einer Abseitsstellung nach 62 Minuten aberkannt, ehe der Rest des Spiels ereignislos austrudelt. Da bekommen sogar die Balljungen hinter dem Tor Langeweile und albern motorisch unruhig herum, so lange bis sie eine Gefährdeansprache von Autoritätsperson Connor Ripley erhalten und dann für die letzten Minuten stoisch ruhig hinter dem Kasten sitzen bleiben werden.

Nach dem Spiel kehren wir im „The Two Tubs“ von 1839 ein und lassen den Aufenthalt in Bury ausklingen. Um uns herum proben alte Leute den Ernstfall und bereiten sich auf den großen Karaokeabend am Sonntag vor. Frisch gestärkt durch eine „Kiełbasa“ vom polnischen Supermarkt kann dann die letzte große „Metrolink“-Runde, die uns nach „South Chedderton“ führen wird, beginnen. Bei einer Ticketkontrolle kurz vor unserem Ziel stellt sich dann glücklicherweise auch heraus, dass das 5,40£ teure Tagesticket in allen Zonen gültig ist, während eine Gruppe Pakistani hopsgenommen wird. Wir sind kurz neugierig und wollen gerne mit auf die Ausweise der Delinquenten schauen, werden aber wohl für immer im Ungewissen bleiben und deren Alter irgendwo zwischen den wahrgenommenen Faktoren „Benehmen wie Grundschülergruppe“ und „Vollbärte“ taxieren müssen.

In der „Travelodge Oldham“ ziehen wir nach einem kurzen Frühstücks-Einkauf im Späti und einem Absackerbier im Pub nebenan Bilanz. „Pints“. „Pies“. „Britcats“. Bereits am ersten Tag in England war viel schönes dabei. Wie soll man das noch toppen? Vielleicht mit verdrehten Kirchtürmen und Chesterfield-Möbeln… /hvg