479 479 FUDUTOURS International 19.03.24 03:24:00

05.07.2018 FSV Union Fürstenwalde – 1.FC Union Berlin 1:3 (1:1) / Friedrich-Friesen-Stadion / 1.320 Zs.

Seitdem der hochprofessionalisierte 1.FC Union Berlin seine Testspiele nicht mehr selber vereinbart, sondern hiermit mutmaßlich eine international agierende Superagentur beauftragt, kommt es immer wieder zu Irritationen. In den vergangenen Wochen wurden bereits verabredete Testspiele gegen Stoke City und West Bromwich Albion wieder abgesagt und stets war es mit großer Vorsicht zu genießen, wenn andere Vereine Trainingswettkämpfe mit dem 1.FC Union ankündigten, ohne dass diese offiziell auf der Website des 1.FC Union bestätigt waren. Zuletzt tappte der SC Preußen Münster in diese Falle und lockte FUDU in einer Pressemitteilung voreilig in das legendäre „Telgter Takko Stadion“, ehe der 1.FC Union dem Ganzen final einen Riegel vorschob. Es waren natürlich noch längst nicht alle Details geklärt, die es für ein solch brisantes Testspiel zu klären gilt. So wurden die auf fupa.net veröffentlichten Gerüchte, der 1.FC Union würde am 05.07. in Fürstenwalde aufdribbeln, dann doch mit einer gewissen Skepsis aufgenommen. Was hier wohl wieder für schwerwiegende Verhandlungen anstehen mögen? Geht es um eine einvernehmliche Parkplatznutzung? Darf das Friedrich-Friesen-Stadion an diesem Tag seinen offiziellen Sponsorennamen tragen? Hat der beleuchtete Wildtierpark neben der Arena auch genügend Luchs?

Irgendwann steht dann endgültig fest, dass der Austragung der Partie tatsächlich nichts im Wege steht. Da ich das Stadion bereits am 30.06.2013 anlässlich eines Testspiels des 1.FC Union gegen Baník Most besucht habe, bleibe ich dennoch unentschlossen, ob ich die Ansetzung attraktiv genug finde, um meinen Hintern dorthin zu bewegen. Aber als am Spieltag selbst der Fackelmann um Begleitung bittet, die Sonne bei angenehmen 30 Grad Celsius auch in den Abendstunden noch genügend Kraft hat und da bereits gestern mit der Regionalbahn alles so komplikationslos geklappt hat, erwische ich mich dabei, wie ich wie von Geisterhand gesteuert eine Zusage erteile und nach Feierabend bereits wieder in der S-Bahn in Richtung Bernau sitze. Dieses Mal befördert mich die Regionalbahn pünktlich in die Innenstadt und so treffe ich am Ostkreuz doch einigermaßen entspannt auf den ebenfalls in Feierabendbierlaune befindlichen Benjamin.

Nicht in Worte zu kleiden ist unsere Begeisterung darüber, als direkt nach dem Anstoßen eine freundliche Mitreisende mittleren Alters direkt neben uns auf dem Bahnsteig zur großen Taubenfütterung ansetzt. Als wäre diese ganze Aktion nicht schon schwachsinnig genug gewesen, beginnt die Dame nun auch noch damit, einige der dazukommenden Flugviecher zu verscheuchen und nur ausgewählte Prachtexemplare zur Speisung zuzulassen. Als am Ende die Brotkrumen ausgehen, wirft sie der Einfachheit halber mit ganzen TUC-Keksen wild um sich und geht so nahtlos von der liebevollen Fütterung zur Schädlingsbekämpfung über.

Selbst als Stadttaube entkommt man also der Idiotie der Menschheit nicht, denke ich mir, während ich mir dank der BC25 ein ermäßigtes Ticket für 4,20 € nach Fürstenwalde löse. Um 17.38 Uhr haben wir die bevölkerungsreichste Stadt des Landkreises Oder-Spree erreicht und werden sogleich von einem sportlichen Kategorie-C-Empfangskommando übersehen. Unsere Flucht in den gegenüberliegenden Späti gelingt spielend, wo wir uns mit zwei neuen Radler ohne Limonade (gab nichts anderes) eindecken, während die Dorfschlägertruppe bereits in Richtung Stadion aufbricht.

Mit etwas Sicherheitsabstand folgen wir unauffällig und passieren die altbekannten Wegstrecken. Quer durch den Brunnenpark, vorbei am Bisongehege des Wildtierparks, schräg über den Parkplatz, auf dem sich Schmolke damals auf einem Trödelmarkt „1,2 Polizei“ von MODO auf Maxi-CD gekauft hatte, die brachliegende alte Schule links liegen lassend, über die Dr.-Wilhelm-Külz-Straße bishin zur Arena. Die Abläufe sitzen – auch, weil ich sie vor wenigen Wochen anlässlich des Herrentages auf einer Wanderung von Fürstenwalde nach Hangelsberg zugegebenermaßen noch einmal trainiert hatte.

Am Stadion angekommen, reihen wir uns sogleich in eine endlos lange Schlange ein. Mit mehr als 1.300 Besuchern hatte hier ganz offenbar niemand gerechnet. Der 1.FC Union Berlin schickt heute fantechnisch sein allerletztes Aufgebot und so schüttelt es uns angesichts der hohen Frei.Wild-Quote und des einen oder anderen Thor-Steinar-Prunkstücks doch gewaltig. Und da haben wir noch nicht einmal über die Rednecks mit Techno-Musikbox in der Schlange neben uns und über all die Yakuza- und Tribal-Trottel gesprochen. Die Vorstellung, dass all diese Menschen womöglich tagtäglich in Union-Kutte über ihre Brandenburger Dörfer laufen und so zwangsläufig optisch unseren Verein repräsentieren, kann einen schon in die Verzweiflung treiben.

Auch auf dem Rasen wird Union heute nicht durch die allererste Garde vertreten sein. Moser, Dietz, Lenz, Kurzweg, Parensen, Kahraman, Zejnullahu und Hosiner wird man in der kommenden Saison wohl auch nicht all zu häufig in der Startformation zu Gesicht bekommen. Bei Fürstenwalde sitzt in Persona André Meyer der letztjährige A-Jugend-Coach des 1.FC Union auf der Bank. In seinem Kader befinden sich neben den heutigen Testspielern Stang und Pratsler in Meyer, Stettin und Schulz weitere ehemalige Spieler aus unserem Nachwuchsbereich. Noch mehr Union gibt es indes auf den Tribünen zu sehen: Mittlerweile haben es die ausrangierten grünen Sitzschalen der alten Haupttribüne des Stadions An der Alten Försterei in die Spielstätte des FSV geschafft. Noch immer ist jedoch nichts von der alten Tribüne als solches zu sehen, die man komplett nach Fürstenwalde verkauft hatte und die von den Fürstenwaldern bis heute ganz offensichtlich nicht ohne Weiteres wieder aufgestellt werden konnte. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass die 2013 noch unbebaute Hintertorseite mittlerweile ebenfalls über Stehränge verfügt und aus der Anlage ein echtes Schmuckkästchen geworden ist. Fehlt nur noch die überdachte Sitzplatztribüne und angeblich haben sich beide Vereine bereits vor Gericht getroffen. Es steht wohl der Vorwurf im Raum, die Tribüne sei mit falschen Versprechungen nach Brandenburg veräußert worden. Im Juni 2017 ließ es sich Dirk Zingler im Zuge der Veröffentlichung der Erweiterungspläne des Stadions An der Alten Försterei auch nicht nehmen, einen kleinen Seitenhieb nach Oder-Spree auszuteilen. Auf die Frage, was im neuen Stadion mit den alten Flutlichtmasten passieren würde, antwortete Zingler trocken: „Unioner mit großem Garten, die Interesse haben, können sich bereits bewerben. Oder wir verkaufen die Dinger halt einfach nach Fürstenwalde!“

 

In der zweiten Minute geht der 1.FC Union Berlin in Führung. Ein Verteidiger Fürstenwaldes hat den Ball im Spielaufbau völlig unbedrängt bei der Annahme verstolpert, sodass Zejnullahu wie aus dem Nichts heraus alleine auf Torwart Büchel zulaufen kann. Eroll bleibt eiskalt und schiebt den Ball flach in die Ecke. In Folge kommt Union noch zu kleineren Torgelegenheiten, doch nach und nach erlangt Fürstenwalde Zugriff auf das Spiel. Dank der guten Zweikampfhärte und einer recht hohen Motivation, dem Favoriten hier Paroli bieten zu wollen, kann man das Spiel recht ausgeglichen gestalten.

Der Ausgleich in der 35. Minute fällt so auch nicht gänzlich unverdient. Nach einem Rückpass gerät Union-Torwart Moser in Schwierigkeiten, den Ball solide zu verarbeiten. Sein Fehlpass im Spielaufbau mündet in einem Foulspiel von Zejnullahu im Strafraum. Andor Bolyki kann den Elfmeter sicher verwandeln. Kurz darauf geht der Außenseiter beinahe in Führung, doch dieses Mal ist Moser zur Stelle: Rupp scheitert aus Nahdistanz am glänzend reagierenden Keeper.

In der Halbzeitpause profitieren wir davon, dass Fackelmanns Kumpel in Fürstenwalde bei genau der Firma arbeitet, nach der hier das Stadion benannt ist. Aus genau diesem Grund genießt der junge Mann Zugangsrechte zum VIP-Bereich und kann uns warmes Flaschenbier für lau besorgen. Hmm, lecker. Brandenburger Feste muss man feiern, wie sie fallen!

Fürstenwalde nutzt die Pause hingegen, um mehr oder weniger einmal komplett durchzuwechseln und kehrt gleich mit sieben neuen Spielern auf das Feld zurück. Der 1.FC Union Berlin startet personell unverändert und tritt fortan wesentlich dominanter auf. Hosiner verpasst eine gute Flanke nur knapp, der sonnengebräunte Gogia kann die zweite Welle dieses Angriffs mit einem sehenswerten Fernschuss positiv abschließen (53.). Wenige Minuten später erhöht Hosiner auf 3:1, nachdem er wunderbar von Gogia freigespielt wurde. Nach 65 Minuten tauscht dann auch der 1.FC Union acht Spieler auf einen Streich aus und nur 10 Minuten später sorgt der Rasensprenger, der sich während der Partie selbstständig macht, für Erfrischung, Abwechslung und Erheiterung im ansonsten eher banalen Testspielambiente.

In der Schlussphase überbieten sich beide Teams im Auslassen bester Torgelegenheiten. Fürstenwalde (oder besser gesagt Stettin) scheitert aus fünf Metern per Kopf (80.), Gogia ballert einen Handelfmeter nach einem Eckball an die Querlatte (85.) und Ken Reichel bringt in der 88. Minute das Kunststück fertig, den Ball völlig freistehend über das verwaiste Tor zu jagen.

Kurz darauf hat Schiedsrichter Riemer aus Eisenhüttenstadt ein Einsehen und pfeift die Partie bei immer noch sengender Hitze ab. Etwas gezeichnet von der Sonne und dem warmen Stadionbier schleppen sich Fetti und seine Freunde in das „Red Fox“, wo es vor der Rückfahrt noch eine ordentliche Stärkung gibt. Am Ende vergisst man bei Speis und Trank beinahe die Uhrzeit und kann nahezu dankbar sein, dass man als Schwein ganz offensichtlich keinen Zutritt in das „Filmtheater Union“ erhält. So schafft es FUDU pünktlich zu 21.50 Uhr – und somit ganze drei Minuten vor Abfahrt des Zuges – auf den Bahnsteig. Auch auf dem Rückweg bleibt die Kontrolle des abermals nur 4,20 € teuren Billets aus. Da kann man wirklich nur von Glück reden, dass die Testspielagentur Unions an der einen oder anderen Stelle etwas genauer hinschaut. /hvg