972 972 FUDUTOURS International 12.05.24 05:51:45

04.07.2018 Chemnitzer FC – 1.FC Union Berlin 1:3 (0:0) / Werner-Seelenbinder-Sportstätten / 939 Zs.

Vor 11 Jahren ist der VfB Herzberg 100 Jahre alt geworden. Zur Feier des Tages wurde damals ein Fußballspiel zwischen dem 1.FC Union Berlin und dem FC Energie Cottbus auf dem Hauptfeld der Werner-Seelenbinder-Sportstätten vor 3.150 Zuschauern abgehalten. 11 Jahre später, der eine oder andere Rechenfuchs mag es vielleicht bereits erraten haben, feiert die Fußballabteilung des VfB Herzberg ihr Jubiläum bereits zum 111. Mal. Doppelten Grund zur Freude haben die Herzberger, da auch ihre Kegelabteilung im Jahre 2018 nullt: Bereits seit 60 Jahren kann man an der Elster eine ruhige Kugel schieben. Zu diesem spektakulären Doppelereignis ist abermals der 1.FC Union Berlin eingeladen. Ich sage meine Teilnahme an der Veranstaltung zu, ohne zu wissen, ob wir anlässlich des Fußballjubiläums oder zum Kegeln eingeladen sind.

Einige wenige Tage später ist klar, dass es am 04.07. um 18.30 Uhr um Fußball gehen wird. Gott sei Dank. Der Gegner der ersten auswärts stattfindenden Partie der Sommervorbereitung auf den Bundesligaaufstieg wird der nationale Chemnitzer FC sein. Da müssen die tapferen Kicker aus Herzberge wohl erst 150 werden, um wenigstens einmal selbst gegen den großen 1.FC Union Berlin antreten zu dürfen.

Anpfiff um 18.30 Uhr, planmäßiger Feierabend um 15.30 Uhr. Die Distanz zwischen meiner Arbeitsstelle und dem Austragungsort beträgt lediglich 122 Kilometer. Vielleicht waren auch das die Koordinaten, die mich spontan zusagen ließen. Nun rückt der Tag des Spieles immer näher und ich stelle bei der ersten ernsthaften Recherche nach Bahnverbindungen fest, dass das ganze Unterfangen aufgrund der ungünstigen Zugtaktungen doch auf sehr wackeligen Beinen steht.

So kommt es, dass ich am 04.07. um 11.30 Uhr mit der Arbeit beginne, um 12.00 Uhr meine Mittagspause genieße, um dann im Anschluss die Kollegin zu bitten, die Arbeitsstelle heute ausnahmsweise bereits um 14.30 Uhr verlassen zu dürfen. Let me tell you ´bout hard work! Aber bei diesem vermaledeiten S2-Schienenersatzverkehr in die Innenstadt und des daraus resultierenden Umwegs über Bernau, um von hier mit der Regionalbahn zum Hauptbahnhof vorzustoßen, führt an dieser schäbigen Bettelei leider kein Weg dran vorbei.

Kurz vor dem Bahnhof Gesundbrunnen kommt es für meine Regionalbahn zu einem außerplanmäßigen Halt. Es ist bereits 15.43 Uhr und der zwingend benötigte Anschlusszug in Richtung Jüterbog soll bereits um 16.06 Uhr abfahren. Von Minute zu Minute steigt meine Nervosität und die SMS-Drähte glühen. Meine beiden Kompagnons, die bereits am Hauptbahnhof herumlungern, versprechen, die Abfahrt des Zuges ohne mich schon zu verhindern zu wissen und sich notfalls in die Tür zu stellen. Um 15.56 Uhr setzen wir uns am Gesundbrunnen in Bewegung. Erwartete Ankunftszeit am Hauptbahnhof: 16.05 Uhr. Na, passt doch.

Mit einem beherzten Sprint quer über den Bahnsteig rette ich mich pünktlich in den Anschlusszug. Soviel Stress hat es nach diesem harten Arbeitstag nun wirklich gerade noch gebraucht! In der Mitte des Zuges treffe ich auf meine Verbündeten, die – wie versprochen – quer in der Tür hängen und die Ärmel für den erwarteten Kampf gegen den Schaffner bereits hochgekrempelt haben. Freundlicherweise haben mir die beiden sogar ein Feierabendbier gekauft und so kann man es sich im Anschluss dieser sportlichen Höchstleistungen im Gang des hoffnungslos überfüllten Zuges, der heute auch diverse Hippies kutschiert, die es auf das „Wurzelfestival“ in Niedergörsdorf verschlagen wird, gemütlich machen.

In Herzberg angekommen, schreit uns direkt ein überdimensioniertes Holzschild am Ortseingang ein herzliches Willkommen ins Gesicht. Noch trennen uns 3,3 Kilometer von den Werner-Seelenbinder-Sportstätten und so gilt es im Rahmen eines Dauermarschs erneut, unsere ganze Sportlichkeit unter Beweis zu stellen. Die olympischen Ringe samt Feuerschale am Stadion sind untrügliches Zeichen dafür, dass wir unseren Marathon zu einem erfolgreichen Ende gebracht haben, die Dorfdicken in Jogginghosen dafür, dass hier schon lange niemand mehr ernsthaft für Olympia trainiert hat.

Allgemein ist das Publikum auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig. Unioner und Chemnitzer Kutten stehen wild durcheinander gemischt und der Dorfpöbel hat einfach das angezogen, was im Kleiderschrank noch am meisten nach Fußball ausgesehen hat. Ob man jetzt zwangsläufig ein Dynamo-Dresden-Trikot als Ausgehanzug nutzen muss, wenn man ein Spiel zwischen dem Chemnitzer FC und dem 1.FC Union Berlin an einem neutralen Ort sehen mag, darf gerne an anderer Stelle diskutiert werden.

Eine richtige Augenweide ist jedoch das Stadion, welches über eine wirklich beeindruckend große Haupttribüne mit 416 Sitzplätzen verfügt, auf die so manch ein Berliner Oberligist oder Regionalligist aus der Region (Grüße nach Bautzen und Neugersdorf, zum Beispiel) neidisch sein dürfte. Tief in der brandenburgischen Provinz, in den Niederungen der achten Liga, wartet man darüber hinaus auch noch mit einem echten Wimbledon-Teppich auf, den man Gerüchten zu Folge den Großherren von Robby Bubble Leipzig zu verdanken hat. Angeblich hätten diese anlässlich eines Trainingslagers und eines Testspiels die Rasenqualität der Sportstätten als zu minderwertig empfunden und flugs aus eigener Tasche nachgebessert. Es findet sich jedoch keinerlei Verifikation dieser Geschichte im Internet, amüsant wäre es aber schon, wenn sich diese Anekdote 2015 im Vorlauf des Benefizspiels zwischen Leipzig und dem Berliner AK wirklich zugetragen hätte. Auch hier hätte der VfB Herzberg bei einem besonderen Spiel also nur zuschauen dürfen…

Während das Spiel läuft, machen sogleich die nächsten Gerüchte die Runde. Angeblich würde Simon Hedlund keine großen Hoffnungen auf viele Einsatzzeiten hegen und kurz vor dem Absprung stehen. Als Interessent wird der Barnsley FC genannt, immerhin ein englischer Drittligist, sodass man rumänisch seriös mit einer Einnahme von ungefähr 19 Millionen Pfund planen kann. Auch das Testspiel bei den Queens Park Rangers wirft seine Schatten voraus und ist bestimmendes Gesprächsthema. Die Vorfreude auf diesen Ausflug ist bei allen Anwesenden mit Händen greifbar und etwas fassungslos schaut man doch drein, als ein Insider die Zahl der bereits verkauften Tickets für den Gästeblock in London auf 1.300 beziffert. Nach drei Tagen Vorverkauf!

Da huscht doch ein weiteres Lächeln über unsere sonnengegerbten Gesichter. Noch immer zeigt das Thermometer stolze 29 Grad, auf dem Rasen hinterlässt der Viertligist aus Chemnitz, der vom Ex-Unioner David Bergner auf der Trainerbank wieder in den bezahlten Fußball zurückgeführt werden soll, den etwas besseren Eindruck. Die Neuzugänge Unions (Mees, Hübner, Reichel, Andersson) fallen weniger auf, als die beiden Trinkpausen, die auch wir an der Sportplatzreling für weitere Erfrischungen nutzen.

Im zweiten Spielabschnitt werden dann auch endlich die neuen Tore, die sich der gastgebende Verein zum 111. Geburtstag gegönnt hat, angemessen eingeweiht. Mit einem schnellen Doppelschlag nach Wiederanpfiff schrauben Hedlund und Redondo das Ergebnis bis zur 49. Minute auf 2:0 in die Höhe. Kurz darauf kann Chemnitz‘ Božić verkürzen, ehe es nach einer Stunde zu einer regelrechten Wechselarie kommt, die einen Bruch in das Spiel bringt. Manuel Schmiedebach ist als Sechser jedoch gleich so präsent, dass man sich so weit aus dem Fenster lehnen und sagen wird: Der wird uns noch eine Menge Freude bereiten. Nach einer flachen Hereingabe von der rechten Seite stellt Marvin Friedrich knapp 20 Minuten vor Abpfiff der Partie den Endstand her, weil Lenz kurz vor Feierabend noch gehörig einen verbaselt, um so die Aufmerksamkeit seines schweizer Trainers zu erhaschen. Aber ob das bei seinem neuen Coach wirklich urs gut ankam?

Den lockeren Aufgalopp in die Spielzeit 18/19 gedenken die FUDU-Schweine in einer Dorfpinte mit Speis und Trank ausklingen zu lassen. Leider stellt sich beim ersten Dorfbummel schnell heraus, dass man hier um 20.30 Uhr bereits die Bürgersteige hochklappt. Alle Lokalitäten haben bereits geschlossen – sogar die Gaststätte, die laut Aushang erst ab übermorgen schließen und sich einen Urlaub bis zum 11.08. gönnen wird. Wer hat, der kann!

Kurz darauf haben sich die Ethnologen FUDUs, die sich gerne einmal in ihrer Freizeit mit fremden Kulturen und ihren Riten, Bräuchen und Verhaltensweisen auseinandersetzen, darauf besonnen, wie der gemeine Brandenburger in seinem Lebensumfeld auf die Bürgersteighochklappproblematik reagiert: Er trifft sich an der Tanke.

Also zieht es auch FUDU vorbei an Wald, Wiesen hinaus zu ARAL, dem Sonnenuntergang entgegen. Und in der Tat, hier sitzen sie, die geschlechtsreifen Stammeshalter der Elbe-Elster-Niederung, auf Klappstühlen vor der Waschanlage, ihre aufgemotzten Volkswagen dekorativ vor sich aufgereiht. Die ARAL-Servicekraft hat FUDU kurz darauf ein Ciabatta und einen überbackenen Bockwurstsnack verkauft und einen Hot Dog wie eine lukullische Weltsensation angepreist, so als sei ihr vor kurzem der Leibhaftige erschienen. „Der ist jetzt ganz neu im Sortiment, super lecker, müsst ihr probieren!“ – da lässt sich der Städter nicht zwei Mal bitten und schlägt zu. An Kreativität nicht zu überbieten. Eine Wurst im Brot. Muss man erst einmal drauf kommen.

Immerhin bewahrt uns die gute Dame vor einem Irrweg, da es sich bei dem zweiten Bahnhof der Stadt Herzberg, zu dem wir beinahe fälschlicherweise gelaufen wären, lediglich um einen Busbahnhof handelt. Hier hätten wir uns eventuell in der „Schweinebar“ beim vergeblichen Warten auf einen Regionalzug trösten können, so sie denn geöffnet gehabt hätte.

Dank des freundlichen Hinweises der Hot-Dog-Fee treten wir so aber die knapp zwei Kilometer auf direktem Wege zum echten Bahnhof an. Jäger und Sammler außergewöhnlicher Immobilien sollten zum Abschluss des Berichts noch darauf hingewiesen werden, dass das Bahnhofsgebäude Herzbergs aktuell zum Verkauf angeboten wird. Noch wird es aber bewohnt – offenbar von einem sehr freundlichen Menschen, der nun aus seinem Domizil heraus die wartenden Unioner, gezeichnet von der Hitze des Tages und den Reisestrapazen, mit Trinkwasser versorgt.

Knappe 90 Minuten später ist Berlin erreicht. Morgen werden wir die Saisonvorbereitung in Fürstenwalde fortsetzen. Und spätestens zum 150. Geburtstag kehren wir nach Herzberg an der Elster zurück. Es sei denn, einem von uns überkommt schon vorher ein unbändiger Appetit auf Hot Dogs. /hvg

16.06.2018 Berliner SC – SV Tasmania Berlin 2:2 (2:1) / Hubertussportplatz / 50 Zs.

Heute hat Fetti einen Tagesausflug nach Grunewald geplant. Berlin-Grunewald ist ja bekanntermaßen der Teil der Stadt, in dem das abgehängte Prekariat separiert am Stadtrand sein tristes Dasein fristet. Damit diese armen Seelen untereinander nicht in Kontakt treten können, wohnen sie nicht etwa in Mehrfamilienhäusern, sondern in abgesonderten und hermetisch abgeriegelten Stadtvillen. Auch den Austausch mit dem Rest der Berliner Bevölkerung wissen die Hintermänner dieses Paralleluniversums geschickt zu verhindern. So endete der letzte Fluchtversuch eines Hinter(grune)wäldlers damit, dass ein Künstler das verwendete Fluchtfahrzeug schlicht und ergreifend abgefangen und in Beton gegossen hat. Noch immer steht dieses Mahnmal in der Nähe des S-Bahnhofs Halensee am Rathenauplatz und kann von der interessierten Weltöffentlichkeit bestaunt werden.

Das Strandbad Halensee nennt sich dank irgendeines Marketingstudenten „Ku’damm Beach“ und besticht durch exklusive Atmosphäre im „Grand Café“, feinsten Sandstrand und luxuriöse Sonnenliegen in elegantem Weiß. Selbst bei dem überaus fairen Eintrittspreis von gerade einmal 12 € kann sich in diesem sozialen Brennpunkt bedauerlicherweise niemand den Besuch des Freibades leisten und so zeigt sich der „Ku’damm Beach“ heute menschenleer. Aus reiner Rücksichtnahme auf all die Abgehängten verzichtet Fetti auf einen Strandbesuch und somit auch darauf, seinen unendlichen Reichtum zur Schau zu stellen. Die 120-minütige Wartezeit bis zum Anpfiff wird er auch anderweitig überbrücken können und parallel zu dieser hoffnungsvollen Losung trudeln die ersten positiven Nachrichten seiner Freunde ein. Im Laufe der nächsten Stunden werden sich auch der Hoollege und Günter Hermann durch den Stadtdschungel bis in dieses Elendsviertel vorkämpfen.

Fetti zieht es zwecks Zeitüberbrückung an den Hubertussee. Der Hubertussee ist 1889 künstlich erschaffen worden und wird nun aus der Straßenentwässerung des umliegenden Wohngebiets gespeist. Weitere Wasserzufuhr erfährt er übrigens aus dem Herthasee, was letztlich die besorgniserregende und gesundheitsgefährdende Wasserqualität erklären sollte. Hier ist Baden strengstens verboten und damit sich die ohnehin bereits Dahinsiechenden aus der Nachbarschaft nicht auch noch zusätzlich mit Kolibakterien verseuchen, sind die villenähnlichen Gefängnisse in Ufernähe mannshoch eingezäunt. Manchmal muss man Menschen eben vor sich selbst schützen.

Auf der Suche nach einem Bier stellt Fetti kopfschüttelnd fest, dass es auch um die Versorgungslage vor Ort nicht gut bestellt ist. Anschläge an Bäumen und Anhänger krimineller Vereinigungen (ruhig Blut, Herr Innenminister!) bieten Eigentumswohnungen und Katzen feil. Hier versucht man offenbar wirklich alles zu Geld zu machen. Fetti, durstig, aber voll des Mitleids, erschrickt kurz darauf und schaudert, als die SS durch die Straßen marschiert. Im Hintergrund parken mit Hakenkreuzfahnen geschmückte Militärfahrzeuge vor einem mondänen Herrenhaus. Nazis! Ach, die gibt’s hier noch? Fetti ist ganz offenbar einer großen Sache auf der Spur, doch eine neongelbe Warnweste mit dem mysteriösen Aufdruck „Filmcrew“ weiß geschickt zu verhindern, dass er Beweisfotos anfertigen kann.

Immerhin stößt Fetti kurz darauf dank dieses erfrischenden Ausflugs nach Nazideutschland auf einen Einkaufsladen der Handelskette „Netto City“. Hier gibt es Dosenbier in wohlig warmer Raumtemperatur käuflich zu erwerben. Fetti schlägt angesichts der verheerenden Zustände, die er bislang erleben musste, dennoch zu. „Verdurstet im Grunewald“ ist wirklich nichts, was man auf seinem Grabstein stehen haben mag.

Mit der Bierdose in der Hand wird der Spaziergang fortgesetzt. Fetti passiert die Botschaft des Staates Israel und überlegt kurz, ob er mal klingeln und das mit den Nazis brühwarm weitertratschen sollte. Ein Schutzmann schaut grimmig herüber und verhindert so, dass sich Fetti näher herantraut, um die gutgemeinte Warnung auszusprechen.

Es verbleibt immer noch eine dreiviertel Stunde bis zum Anpfiff. Fetti stellt die leere Bierdose an den Straßenrand. Nur wenige Minuten später nähert sich ein Mann in Polohemd und Lederslippern – anhand des verwahrlost schief sitzenden Kragens deutlich als Unterschichtler zu erkennen – schaut sich verschämt um und greift dann beherzt zu. Wie schlimm es um dieses Banlieue bestellt ist, wird Fetti erst in diesem Moment eindringlich klar. Hier müssen die Menschen sogar den Müll von der Straße sammeln. Die politische Aktion „Dose runter! 25 Cent zur Rettung des Grunewalds!“ wird zeitnah initiiert.

Fetti spaziert in Folge dieses Trauerspiels noch einmal 650 Meter zurück, um sich das Bismarck-Denkmal am Bismarckplatz anschauen zu können. Da steht er, der Otto! Gut behütet, den Hering unter dem langen Mantel versteckt, der muskulöse Vierbeiner treudoof neben ihm. „Hübschet Tier“, würde Günter jetzt sagen, wäre er schon in Gruselwald angekommen.

Nur noch 30 Minuten bis zum Anpfiff. Die Schweinefußsohlen qualmen ein wenig. Fetti spielt mit dem Gedanken, einen Bus zu besteigen. Jenes Fortbewegungsmittel der einfachen Leute, die kein Geld für Benzin besitzen und gerne einmal auf Sitzgelegenheiten Platz nehmen, von denen man nicht genau weiß, welche Flüssigkeiten sich in welcher Häufigkeit bereits auf ihnen befunden haben. Da die Station am Sportplatz jedoch „Herthastraße“ heißt, verzichtet Fetti auf diese wohl heftigste Grenzerfahrung der heutigen Expedition, mobilisiert die letzten Kraftreserven und erreicht den „Hubertussportplatz“ fußläufig, ermattet, pünktlich.

Hier trifft heute am letzten Spieltag der Berlin-Liga der ortsansässige Berliner SC in einem unbedeutsamen Spiel auf den SV Tasmania Berlin. In der Zwischenzeit ist auch der Hoollege eingetroffen und so freut man sich gemeinsam, dass man den Sportplatz unentgeltlich betreten darf. Wir nehmen auf grauen Sitzschalen auf einem Nebenfeld Platz, da das Hauptfeld an diesem Nachmittag für die rugbyspielende Bevölkerung reserviert ist. Klar, dass diese barbarische Klopperei von den Grunewalder Rednecks eher goutiert wird als das elitäre Fußballspiel.

Trainerlegende Wolfgang Sandhowe schleppt sich mit Hüftschaden die Treppen herunter und während wir im Stadionheft amüsiert feststellen, dass seine Frau mit ihrem Bestattungsunternehmen zu den Sponsoren des Vereins zählt, nimmt auch Günter neben uns Platz. FUDU ist also vollzählig, als Schiedsrichter Metin Ucar, der heute das letzte Spiel seiner Karriere leiten wird, mit einem Blumenstrauß und einigen warmen Worten bedacht wird. Bereits in der vergangenen Woche hatten sich FUDUs Wege mit denen Ucars gekreuzt. So wird das Blog noch zum Fortsetzungsroman – liest man nicht alle Artikel, kommt man irgendwann gar nicht mehr rein…

Der Anpfiff verzögert sich um zehn Minuten. Zeit, um sich im Casino noch eben auf die Schnelle mit einem kleinen Bayreuther oder Veltins im gelben Plastikbecher ohne Eichstrich für 2,20 € zu bewaffnen. Auf die Frage, wie viel Bier der Becher fassen würde, antwortet der Zapfer nicht zufriedenstellend: „So annähernd 0,3. Kommt halt drauf an, wie viel Schaum mit drin ist“. Echt keine Kultur hier.

Tasmania geht durch Kirli sehr früh in Führung, nachdem man bereits einen vielversprechenden Angriff ausgelassen hatte. In der 11. und 13. Minute muss Wolfgang Sandhowe zwei eklatante Abwehrfehler seiner Mannen notieren, doch beide Ausrutscher lässt Tas ungesühnt. Mit dem ersten Angriff der eigenen Farben kann Ex-Unioner Ricky Djan-Okai mit seinem 23. Saisontreffer die Partie etwas überraschend ausgleichen (24.). Nur fünf Minuten später kommt es noch besser, als Kota Murakami mit einem schönen Rechtsschuss in die lange Ecke für die insgesamt eher unverdiente Halbzeitführung des BSC sorgen kann.

Nach Wiederanpfiff vergibt Djan-Okai die letzte gute Gelegenheit seiner Mannschaft. Die Partie trudelt im Stile eines klassischen Sommerkicks 30 Minuten ereignislos vor sich her, ehe sie dann in der letzten Viertelstunde noch einmal explodiert. Unser Lieblingsspieler Nicola Thiele, bislang mit einigen maßgeschneiderten Diagonalbällen positiv aufgefallen, erzielt mit einem geschickten und eleganten Heber aus vollem Lauf in die lange Ecke das 2:2 (72.). Da jubelt der kleine, aber feine Tasmanen-Gästeanhang ausgelassen. Nachdem sich BSC-Akteur Burak Nas wegen Drüberhaltens die gelb-rote Karte eingehandelt hat, setzt Thiele zum Schlussakkord an, doch leider trifft sein sehenswerter Fernschuss lediglich die Querlatte. Kurz darauf sammelt Wolfgang Sandhowe schwerfällig die Eckfahnen ein und sieht hierbei etwas älter aus als das Bismarck-Denkmal.

Uns zieht es nach Schlusspfiff in die Stadiongastronomie, in der irgendein Banause im weißen Kochjäckchen vor dem Grill steht. Die Salatbar ist üppig gefüllt, doch die Preisgestaltung intransparent. Der Hoollege soll sich einfach so viel auftun, wie er mag – der „Koch“ würde dann schon sagen, wie teuer die Mahlzeit wäre. Schön die Städter verarschen – dit ham wa jerne.

Dennoch verweilen wir noch ein wenig und erleben gemeinsam mit dem Subproletariat den zeitlos schönen WM-Klassiker Argentinien gegen Island vor dem TV-Bildschirm. Am Ende entführen die tapferen Wikinger nach beeindruckendem Kampf einen Punkt aus der Schlacht. Der eine oder andere Randberliner mag angesichts der Spieler aus fernen Ländern womöglich vom Reisen und der weiten Welt geträumt haben. Ein kurzer Moment der Hoffnung, zerplatzt wie eine Seifenblase, wohlwissend, dass Träume und Reisen in Ghetto-Grunewald spätestens am Rathenauplatz enden. Manchmal sogar in Beton. /hvg

10.06.2018 Türkiyemspor Berlin 1978 – Berlin Hilalspor 1:1 (0:0) / Katzbachstadion / 150 Zs.

Der Verfassungsschutz hat längst festgestellt, dass es in den beiden Organisationen „FUDU“ und „FABIO“ deutliche Überschneidungen in den Mitgliederkarteien gibt. Heute lädt „FABIO Deutschland“ zu seiner alljährlichen Mitgliederversammlung in einen Kreuzberger Hinterhof und gleich drei säumige FUDU-Jünger lassen sich die Chance nicht entgehen, ihre FABIO-Ausstände zu begleichen. Mit großer Gelassenheit lauscht man den Rechenschaftsberichten des Vorstands und blickt der Liveschalte nach Uganda erwartungsfroh entgegen. „Ugandaschorsch“, ausgewanderter Unioner und Ehrenmitglied FUDUs, berichtet mit afrikanischer Lässigkeit über Tücken des Alltags, aber auch über Erfolge der ersten Projekte. Wer den einen oder anderen Euro übrig und bereits genug für DEUTSCHE ODBACHLOSE!!1! getan haben sollte, ist herzlich eingeladen, auch „unsere“ gute Sache mit einer Spende oder einer Mitgliedschaft zu unterstützen.

Die Mitgliederversammlung ist noch nicht ganz an ihrem Ende angelangt, als Fackelmann und ich uns bereits wieder auf dem Sprung befinden. Im nur wenige Meter entfernten „Katzbachstadion“, welches mittlerweile offiziell nach dem ehemaligen Kreuzberger Bezirksbürgermeister Willy Kressmann benannt ist, empfängt heute Türkiyemspor Berlin seine Kreuzberger Nachbarn von Hilalspor zum Derby der Landesliga. Beinahe ganz Kreuzberg ist auf den Beinen, um der Partie des Tabellenzweiten gegen den Dritten am vorletzten Spieltag beizuwohnen. Es riecht nach Aufstieg! Vermutlich wäre auch „Texas-Willy“ mit von der Partie gewesen und vermutlich hätte auch er angesichts von 6 € Eintritt (bei einer besonders fair gestalteten Ermäßigung von 5 € – dafür lohnt sich ja nicht einmal die Studentenlüge…) die unscheinbaren Augenbrauen gerümpft.

Wenige Minuten vor Anpfiff huschen wir etwas in Eile durch den Stadioneinlass. Auf den ersten Blick können die hungrigen und durstigen FUDU-Schweine keinen Grill und keinen Getränkeausschank erspähen, was aber nicht vollends verwundert. Der Fastenmonat Ramadan wird erst in vier Tagen mit dem Zuckerfest enden und so genießt die Catering-Frage heute für viele türkischstämmige Besucher keine oberste Priorität.

Bei leichtem Gewittergrummeln machen wir es uns auf der Gegengerade bequem. Einige hundert Besucher fluten das an zwei Seiten mit Stehstufen ausgebaute Berliner Fußballkleinod. Die offizielle Zuschauerzahl soll später auf 150 taxiert werden, während in dem euphorischen Spielbericht auf der vereinseigenen Website von „über 500“ Fans die Rede sein wird. Die Wahrheit liegt mutmaßlich irgendwo dazwischen – und sowieso immer auf dem Platz…

… auf welchem es die ersten 25 Minuten recht nickelig zugeht. Viele Foulspiele bestimmen das Bild zwischen den Teams, die beide von der selben türkischen Versicherungsagentur finanziell unterstützt werden. Noch mag in dem Spitzenspiel kein wirklicher Spielfluss aufkommen, ehe ziemlich starker Regen einsetzt und auf den beiden Geraden eine bunte Regenschirmparade gezeigt wird. Besonders kreativ werden einige Zuschauer, die Werbeplanen vom Zaun lösen, um sie als Regenschutz verwenden zu können. Noch nie zuvor hat die Firma „Jako“ so etwas gutes für den Fußballsport getan…

Nach 32 Minuten gibt es den ersten Aufreger zu bestaunen. Und wer hätte auch nur ansatzweise ahnen können, dass es sich bei diesem Aufreger des Kreuzberger Lokalderbys zwischen Türkiyemspor und Hilalspor um eine Tätlichkeit handeln würde? Türkiyems Beyazit Taflan streckt Hilalspors Tahsin Özkara jedenfalls mit einem beherzten Faustschlag auf den Solarplexus zu Boden, gänzlich unbemerkt von Schiedsrichter Stolze. Wer weiß, ob Schiedsrichter Metin Ucar, der eigentlich für diese Partie angesetzt war, dieses Vergehen geahndet hätte. Hilalspor hatte im Vorfeld der Partie allerdings Protest gegen diese Schiedsrichter-Ansetzung eingelegt, da Ucar wenige Wochen zuvor ein Jubiläumsspiel von Türkiyemspor-Legenden geleitet hatte. Beeindruckend in jedem Fall, dass die Allzweckwaffe Eisspray auch in dieser Situation zum Einsatz kommt und Özkara so lange die Brust vereist bekommt, bis er sich aus Sorge vor Erfrierungen recht schnell aufraffen kann, das Fußballspiel fortzusetzen.

Kurz vor dem Ende des ersten Spielabschnitts drehen die Gäste noch einmal auf. Mit einem Fernschuss (38.) senden sie ein erstes Warnsignal und spätestens in der 45.+1 wäre die Führung fällig gewesen, doch Stoßstürmer Caliskan mit der 99 auf dem Rücken scheitert per Kopf aus Nahdistanz eher kläglich.

In der Halbzeitpause stürmen Kinder auf das Feld und dürfen die Sportanlage zum Knödeln nutzen. Mein Gott, da hätte uns Platzwart Lothar aber früher den Marsch geblasen, hätten wir uns das damals während der Kreisligaspiele der ersten Männer getraut. Wir freuen uns zunächst über soviel südländische Gelassenheit und dann darüber, in einem kleinen gekachelten Häuschen doch einen Versorgungsstand entdeckt zu haben. Ein freundlicher Herr mit Migrationshintergrund erklärt uns das System und wie wir uns in die Warteschlangen einzureihen hätten. Ein bisschen Lothar steckt ganz offensichtlich in allen von uns. Am Ende des Procedere wandern je eine Sucuk – frisch zubereitet in einer kleinen Pfanne auf mobiler Kochplatte – und Limonade der Marke „Uludağ Gazoz“ in unseren Besitzstand.

In der zweiten Halbzeit traut sich auch der Gastgeber etwas aus der Defensive. In den Spielminuten 45-60 verzeichnet Türkiyem einen guten Angriff, eine gefährliche Situation nach einem Eckstoß und eine Großchance nach einer verpatzten Kopfballrückgabe der Gäste – drei gute Gelegenheiten, die allerdings allesamt nicht in Tore umgemünzt werden können. Wesentlich effektiver zeigen sich da die Gäste, die nur kurz darauf durch Temel in Führung gehen können. Ein schöner Heber in den Lauf des Spielgestalters hatte die gesamte Abwehr ausgehebelt.

Der „Stimmungskern“ Türkiyems setzt nun auch die Pauke ein, um seine Mannen nach vorne zu peitschen. Drei zarte Kinderstimmchen skandieren „Türkiyem“ – das war es aber auch schon in Punkto Atmosphäre. In den späten 1980er Jahren wurde diesbezüglich sicherlich etwas mehr geboten, als regelmäßig mehrere Tausend Menschen das „Katzbachstadion“ in einen Hexenkessel verwandelten. Kreuzberger Punks, Alternative, Tagediebe und Migranten standen Seite an Seite und begleiteten Türkiyemspor durch die Oberliga. Noch heute erzählt man sich von dem legendären Derby gegen Hertha BSC im Jahre 1987, als 12.000 Zuschauer im Poststadion mehrheitlich den Kreuzbergern die Daumen drückten. Mehrere Jahre in Folge scheiterte Türkiyem nur denkbar knapp am Aufstieg in die 2. Bundesliga. Der rasante Absturz erfolgte in den 1990er Jahren und setzte sich im neuen Jahrhundert nahtlos fort. 2011 musste der Club schließlich Insolvenz anmelden. Nach dem Abstieg aus der Berlin-Liga spielt man seit 2013 nur noch siebtklassig.

Nun könnte man pünktlich zum 40. Vereinsgeburtstag also endlich einmal wieder einen Schritt nach oben gehen, auch wenn dies vor Saisonbeginn der von Lars Mrosko trainierten Mannschaft niemand zugetraut hatte. Doch noch haben die Gäste, die heute die Favoritenrolle inne haben und vor der Saison das Ziel „Aufstieg“ offen propagiert hatten, auf dem Spielfeld alles im Griff. Bei schwülwarmen Temperaturen und immer wieder einsetzenden Regenschauern bleibt das Spiel hart umkämpft, ohne dass eines der beiden Teams mit spielerischer Klarheit überzeugen könnte. Die Partie lebt einzig und allein von der Spannung, die die aktuelle Tabellensituation hergibt.

In der 78. Minute hat Türkiyems Mittelfeldlenker Stawrakakis einen genialen Geistesblitz. Mit einem wunderbaren Pass in die Schnittstelle der Abwehrkette schickt er den eingewechselten Gündüzer auf die Reise, der aber im 1:1 gegen Gästekeeper Celik scheitert und nur den Pfosten trifft. Torjäger Bekai Jagne (35 Saisontreffer) kann den Ball aber an der Außenlinie ersprinten und diesen flach in den Rückraum passen. Dort steht Ömer Tetik bereit, um den Ball aus gut 16 Metern unhaltbar in den Winkel zu schweißen. Dem vielumjubelten Ausgleichstreffer folgt ein regelrechter Sturmlauf Hilalspors, doch auch wenn Türkiyems Keeper Lüttschwager in der einen oder anderen Situation nicht den aller sattelfestesten Eindruck hinterlässt, kommt Türkiyem glimpflich davon. Mit einem 1:1 hat man nun alles selbst in der Hand – gelingt am letzten Spieltag ein Sieg in Adlershof, ist die Rückkehr in die Berlin-Liga perfekt.

Fetti und seine Freunde zieht es nach bislang alkoholfreiem Fußballrausch schleunigst in den benachbarten Biergarten „Golgatha“. Von der Dachterrasse hat man bei einem kühlen Bier beste Sicht in das Stadion und auch die nächste wasserfallartige Starkregeneinheit lässt sich unter den gespannten Schirmen unbeschadet überstehen. Um den touristischen Anteil des Tagesausflugs, der uns bislang gedanklich nach Uganda, Texas und in die Türkei geführt hatte, nun auch um eine Berliner Ebene zu erweitern, gönnt sich FUDU im Anschluss noch einen kurzen Besuch des Viktoriaparks mit Kreuzberg und Wasserfall. Und nicht nur Willy Kressmann weiß: Für diese Art von Wasserfall braucht es weder Schirm, noch Jako-Plane, noch Stetson-Hut. Was Willy Kressmann vielleicht nicht ad hoc wüsste, ist, dass der Verlauf des Wasserfalls dem des Zackelfalls im Riesengebirge nachempfunden wurde und dass der Kreuzberg, von welchem er herunterfällt, exakt 66 Meter hoch ist. Erst 1821 wurde der ehemalige „Sandberg“, „runder Weinberg“ oder „Tempelhofer Berg“ auf seinen heute gültigen Namen getauft, als König Friedrich Wilhelm das deutsche Nationaldenkmal für die Siege in den Befreiungskriegen feierlich eröffnete. Und so kann Fetti endlich einmal etwas weitergebildet erleichtert sein eisernes Kreuz hinter diesen Tag setzen. /hvg

09.06.2018 SG Union Klosterfelde – SV Falkensee-Finkenkrug 0:0 (0:0) / Sportplatz an der Mühlenstraße / 83 Zs.

Am vorletzten Spieltag der Brandenburgliga geht es noch richtig um die Wurst. Sowohl die Mannen aus Klosterfelde als auch die aus Falkensee-Finkenkrug haben zwei Spieltage vor Ultimo nur vier Punkte Vorsprung vor dem ersten Abstiegsrang, den aktuell Waltersdorf innehält. Dank des guten Wetters bin auch ich hochmotiviert und nehme mir am Samstag vor, möglichst früh aufzustehen und noch vor dem Spiel einen Abstecher zum Wandlitzsee zu unternehmen.

Selbstverständlich scheitert dieser Plan daran, dass ich undiszipliniert lange schlafe. Dennoch verbleibt nach dem Wachwerden eine Zugverbindung, die mich pünktlich zum Anpfiff nach Klosterfelde befördern kann. So trete ich also den Weg nach Berlin-Karow an, um dort die „Heidekrautbahn“ nach Klosterfelde via Wandlitz besteigen zu können. Es ist zunächst der gleiche Fahrtweg, den ich tagtäglich zur Arbeitsstelle zurücklegen muss und kurz ärgere ich mich darüber, dass ich jetzt auch noch am Wochenende im Norden Pankows herumlungern muss.

Nun also stehe ich – später als gehofft, aber so rechtzeitig wie nötig – am vollkommen überfüllten Bahnhof Karow und reihe mich in die Schlange vor dem Ticketautomaten ein. Es verbleiben noch gute zehn Minuten bis zur Abfahrt des Zuges. Genau in dem Moment, in dem der Zug in den Bahnhof einfährt, druckt der Automat schließlich mein Ticket aus. Eine klassische Punktlandung, die mich zu einem kurzen Sprint nötigt, damit mir die Bahn nicht unmittelbar vor der Nase davonfährt. Einen Sprint, den ich mir hätte sparen können, heißt doch die Aufgabe des überaus entspannten Zugbegleiters in den kommenden 10-15 Minuten, alle Menschen und Fahrräder zu stapeln, die sich Zugang zu dem bereits maximal ausgelasteten Personenbeförderungsmittel verschaffen wollen. Angesichts unzähliger englischsprachiger Touristen an Bord scheint der Wandlitzsee nun wahrlich kein Insidertipp mehr zu sein. Danke, Tripadvisor!

Am Bahnhof Wandlitzsee hat sich der Zug dann schlagartig geleert und die wenig verbliebenen Fahrgäste, die irgendwo hier in der Pampa wohnen oder zum Hoppen nach Klosterfelde fahren wollen, atmen erleichtert auf.

Im Anschluss verschaffe ich mir einen kurzen Überblick über die heftige Dorftristesse in Klosterfelde, seines Zeichens Ortsteil von Wandlitz. Das Schulgebäude ist für (vermutlich alle vier) Grund- und Oberschüler des Ortes gedacht. Eine Mutter ruft ihre Kinder zu Kaffee und Kuchen zu Tisch. „Samantha, Sarafina, Sara-Jane und Estefania, hochkommen jetzte!“ – und bei Gott, ich hoffe, dass es sich hierbei um einen verdammt guten Scherz handelt und dass man sich in Klosterfelde in der Namensgebung der eigenen Kinder nicht etwa von den Trailerpark-Wollnys animieren lassen hat. Ich entscheide jedenfalls, nicht länger spazieren zu gehen als nötig und steuere kurz nach dieser Grenzerfahrung zielstrebig den „Sportplatz an der Mühlenstraße“ an.

Dort läuft noch die zweite Halbzeit des Vorspiels. Der rumänische Kassenwart meldet sich per Liveschalte aus Craiova: „Ja, geil, dann kommst Du heute ja umsonst rein!“, aber da hat er seine Rechnung ohne den Kassierer der SG Union gemacht. „Die Zweite spielt nur noch eine halbe Stunde – die schenk ick Dir. Aber für das Spiel danach sind 5 € fällig!“ Ich zahle artig, melde zurück, dass man hier auch bei rechtzeitigem Erscheinen nicht um eine Zahlung drumrum(änien) kommt und bestaune die Qualität der Rasenfläche. Das war es aber auch schon, was in der Mühlenstraße für Verzückung sorgt. Es gibt keinerlei Ausbauten, nur auf der Hauptseite des Feldes hat man neben dem Kabinentrakt einige höhergelegene Stehstufen errichtet. Aufgrund der angrenzenden Häuser, des Nebenplatzes, der Gastronomie und der Straße, gibt es hier auch keinerlei Potential für mehr. In Klosterfelde wird man also bis in alle Ewigkeit auf einem Dorfsportplatz spielen und die Brandenburgliga stellt ganz offenbar das höchste der Gefühle dar.

Für mich bleibt noch genügend Zeit, um ein leckeres Hacksteak vom Grill zu verköstigen, während die Akteure Falkensees das Aufwärmprogramm auf dem benachbarten Knöchelbruchacker recht schnell abbrechen. Dann lieber doch nur Muskelerwärmungsübungen in der Kabine. Beim Sammeln dieser Eindrücke werde ich etwas argwöhnisch von „zwölften Mann“ der SG Union beäugt. Der zwölfte Mann, das sind in Klosterfelde von links nach rechts (mutmaßlich): Manfred, Sven, Dieter, Rayko, Karl-Heinz, Jürgen, Klaus, Peter, Wilfried und Lothar, die hier auf einer Art Mannschaftsbild neben dem Versorgungsstand für die Ewigkeit festgehalten worden sind.

Mich zieht es im Anschluss auf die einzige „Tribüne“ in unmittelbare Nachbarschaft des Gästefanblocks, der von den Fußballfreunden aus Falkensee bei Spandau (Wie schlimm kann es eigentlich noch werden?) mit einigen schönen Zaun- und Schwenkfahnen optisch enorm aufgewertet wird. Zudem lockt mich ein Stehtisch in Fußballfeldoptik an und ich kann mit meinen schäbigen Veltins-Bechern die taktische Formation der Klosterfelder im Verlauf des Spiels bestens nachstellen und deren Fehler fachmännisch analysieren. Nach fünfzehn Minuten verzeichne ich meinen ersten Ballkontakt. Diesen Ball hatte ich natürlich längst antizipiert und kann ihn nun unter Applaus der Falkenseer locker volley mit dem rechten Fuß zurückspielen, weiß ich doch als erfahrener Sechstligahase mittlerweile längst, wo Freistöße in der Regel landen, wenn irgendein Breitensportler versucht, eine Standardvariante scharf auf den langen Pfosten zu ziehen. Dabei sieht das im Fernsehen immer so einfach aus.

In der 17. Minute rollt ein Eckball der SG Union in Zeitlupentempo vorbei an Freund und Feind durch den Strafraum. Diese Szene ist sinnbildlich für diesen Sommerkick, in welchem man sich gegenseitig nicht weh tun mag und sich daher bis dato außer Mittelfeldgeplänkel nicht sonderlich viel ereignet hat. Ein Schelm, der an dieser Stelle darauf hinweist, dass beide Mannschaften mit einem Remis an diesem 29. von insgesamt 30 Spieltagen nach Menschengedenken den Klassenerhalt sicher haben sollten. Zum Star des ersten Spielabschnitts schwingt sich derweil der Schiedsrichterassistent auf, der sämtliche verbalen Angriffe der Falkenseer Spieler mit einer rotzig-arroganten Hochnäsigkeit kontert, die ihresgleichen sucht. „Guck zum Ball, Dein Gequatsche interessiert mich nicht!“ oder „Du hast mir nix zu sagen, aber wenn ich die Fahne hebe, habe ich Dir etwas zu sagen – das ist der Unterschied!“

Sechzehn Minuten nach der ersten Trinkpause bei sengender Hitze gelingt Klosterfelde so etwas wie ein Abschluss, der allerdings dermaßen weit über das Tor streicht, dass er niemals Erwähnung gefunden hätte, hätte es darüber hinaus ernsthafte Torchancen gegeben.

In der zweiten Halbzeit läuft die Partie gerade einmal eine Viertelstunde, als Klosterfeldes Jerôme Ehweiner im gegnerischen Strafraum zu einem unnachahmlichen Seitfallzieher ansetzt. Bedauerlich, dass das Spielgerät bei Fertigstellung seiner akrobatischen Übung schon lange aus dem Gefahrengebiet befördert worden war und nun nur noch ein Falkenseer Verteidigerkopf zum wenig umjubelten Einschlag bereit steht. Die Konsequenz: Gelb-Rot. Wie sang schon Lykke Li? Ooh, ooh Jerôme!

Nach 63 Minuten brennt es endlich einmal lichterloh im Strafraum der Falkenseer und einige langgezogene Union-Schlachtrufe des zwölften Mannes schallen durch das mit lediglich 83 Zuschauern spärlich gefüllte Rund. Nach 68 Minuten wäre beinahe der erlösende Treffer gefallen, doch Unions Laletin scheitert nach einer Ecke per Kopf am Pfosten. Während sich Laletin kurz darauf bei einer zweiten Trinkpause von dem Negativerlebnis erholen kann, schwinden meine Hoffnungen, hier an Ort und Stelle ein Tor miterleben zu dürfen.

Die Sonne brutzelt ohne Erbarmen auf die schwitzenden Spieler und Zuschauer hinab. Das Spiel bleibt erschreckend farblos – oder wie es sportbuzzer.de zusammenfassen wird: „Die Torwarte auf beiden Seiten brauchten die gesamten 90 Minuten so gut wie keine Paraden zeigen und waren eigentlich nur mit Abstößen beschäftigt.“ Da stößt es einem schon besonders übel auf, dass einem nun andere Truppenteile FUDUs von ihren Brandenburger Dorfplätzen die lange Nase drehen. „In Lübben gibt es jetzt Freibier“, ist eine dieser Nachrichten, über die man sich – empathisch wie eh und je – bei hochsommerlichen Temperaturen und einem biederen 0:0 natürlich besonders freut und dann geradezu ausufernd von seinen Erlebnissen im Parallelspiel berichten mag. Oder man antwortet eben so etwas wie: „Schön. Hier nicht!“.

Der letzte Gag des Tages verpufft, als klar wird, dass der eingewechselte Christian Stender gar nicht Stender, sonder Schlender heißt. Auch der Schiedsrichter hat die Nase gestrichen voll, pfeift die Partie zwei Minuten vor dem regulären Ende ab und sorgt (auch dank der Niederlage Woltersdorfs) für Klassenerhaltsjubel auf beiden Seiten.

Nach der Partie kehre ich im „MiEtropa-Bistro“ am Bahnhof Klosterfelde ein und verpasse bei Bier und Currywurst meinen Zug zum Wandlitzsee. Diese logistische Meisterleistung führt dazu, dass ich mich leicht angetrunken dazu aufraffen kann, die verbleibenden 6,7 Kilometer bis zum See zu Fuß zurückzulegen. Weitere 88 Minuten später stromere ich um private Grundstücke mit eigenen Anlegestellen herum und suche verzweifelt nach einem Zugang zum Gewässer für das niedere Fußvolk. Irgendwann habe ich in der Abenddämmerung eine Badestelle gefunden und kann auch endlich das „Bad im Wandlitzsee“ von meiner To-Do-Liste streichen.

Am Bahnhof Wandlitzsee ist der Bahnsteig erneut hoffnungslos überfüllt. Ich habe den Tag über an Kraftreserven eingebüßt und zeige mich auf dem Slalom-Parcours zum Ticketautomaten weniger kämpferisch als heute Morgen. Es gilt nun die altbewährte Devise: „Wer blau ist, fährt schwarz“. Schade, dass der entspannte Zugbegleiter von heute Morgen nun seinen frustrierten Bruder zur Abendschicht geschickt hat. Während in der Frühe noch alles mit einem Lächeln im Gesicht im Sinne friedlicher Koexistenz moderiert werden konnte, ist es nun ein unlösbares Politikum, dass Fahrräder an „nicht vorgeschriebenen Stellen“ abgeparkt worden sind. Der Zugbegleiter fordert, dass „mindestens drei Radfahrer“ den Zug zu verlassen haben. Die Fahrgäste an Bord sind sich jedoch einig, dass kein einziger Radfahrer auch nur annähernd stört und einer Abfahrt würde nun eigentlich nichts mehr im Wege stehen, hätte das Anti-Konflikt-Team der Niederbarnimer Eisenbahn sich nicht soeben dazu entschlossen, die Maschinen herunterzufahren und die Bundespolizei zur Räumung des Zuges (!!!) dazuzurufen.

Unter diesen Umständen können sich dann doch drei Drahteselbesitzer kopfschüttelnd dazu durchringen, den Zug zu verlassen und nur kurz darauf startet der Gratisshuttle in Richtung Berlin-Karow. Mit noch leicht klammer Buchse, zwei im Sinn und einem im Tee geht mein Tagesausflug zu Ende. Und wenn ich irgendwann einmal den 1.FV Eintracht Wandlitz besuchen werde, dann gelingt es mir sicherlich auch, vor Anpfiff einen längeren Aufenthalt am See einzurichten. /hvg

 

03.06.2018 SC Staaken 1919 – Tennis Borussia Berlin 2:0 (0:0) / Sportpark Staaken / 323 Zs.

Staaken-Hahneberg. Der Alptraum unserer Jugend, die wir im Norden Berlins verbringen mussten. Bis an das Ende unserer Tage wird dieser Ortsname mit der bitteren Erkenntnis verbunden bleiben, im Nachtbus nach Hause eingeschlafen zu sein. Wer auch nur einmal an der Endstation Staaken-Hahneberg erwacht ist, weiß, was es bedeutet, wenn man aus Versehen gut 22 Kilometer zu weit gefahren ist. Da ich ansonsten keinerlei Berührungspunkte mit diesem abgelegenen Winkel Berlins habe, steht für mich dennoch eine Reise in unbekanntes Terrain an. Der SC Staaken 1919 wird heute in der Oberliga Nordost-Nord den Champions-League-Aspiranten in lila und weiß zum Stelldichein empfangen.

Wann immer ich fremdes Gefilde bereise, belese ich mich im Vorfeld über das Reiseziel. So auch am heutigen Morgen des 03. Juni. Dank Wikipedia erfahre ich, was mich rund um den „Sportpark Staaken“ so alles erwarten wird. Der Stadtteil Spandaus hat einen alten Dorfkern zu bieten, die Wohnsiedlung „Gartenstadt Staaken“, die zu den bedeutendsten Berliner Bau- und Gartendenkmälern des 20. Jahrhunderts zählt, sowie architektonisch weniger spektakuläre Neubausiedlungen der 1960er und 70er Jahre in Neu-Staaken. Hahneberg hat offenbar neben dem Hahneberg (65 stolze Meter hoch!) für neugierige Touristen auch ein Fort im Portfolio. Aufgrund seiner Rolle im geteilten Deutschland darf man darüber hinaus durchaus von einer historischen Relevanz sprechen, wenn man seinen Blick auf Staaken richtet. Zu Zeiten des Kalten Krieges war das Siedlungsgelände wegen der Nähe zur Berliner Mauer zu Sperrgebiet erklärt worden. Auf der anderen Seite der Berliner Mauer befand sich das von West-Berlin losgelöste West-Staaken, welches am 01.06.1952 auf die zur DDR gehörige Gemeinde Falkensee übertragen wurde. Hier kam am 03.12.1965 niemand geringeres als Katarina Witt zur Welt. So entscheiden eben manchmal wenige schicksalhafte Meter darüber, welchem politischen System man sein hübsches Antlitz zur Verfügung stellen muss. Am 01. Januar 1971 wurde West-Staaken dann ausgegliedert und bildete fortan die Gemeinde Staaken in der DDR. Nach der Wende war „das schönste Gesicht des Sozialismus“ übrigens exakt 148 Tage lang mit MacGyver liiert – aber ich schweife womöglich etwas ab.

Richte ich die Konzentration also lieber auf die Frage, wie Berlin-Staaken bestmöglich zu erreichen ist. Die Website der Deutschen Bahn schlägt mir vor, einen ICE vom Ostbahnhof nach Spandau zu nehmen und taxiert hierfür 8,60 € mit der Bahncard25. Interessante Idee, innerhalb der eigenen Stadt mit einem Fernverkehrszug zum Hoppen zu fahren, sinniere ich vor mir hin, als mir der rumänische Kassenwart aus dem Nichts heraus eine Nackenschelle gibt. Okay, dann wird es wohl doch die Regionalbahn werden, die mich um 12.58 Uhr im Rahmen des BVG-Abonnements für lau in 15 Minuten Fahrzeit vom Hauptbahnhof nach Staaken Central Station befördern wird.

Mit einigen wenigen TeBe-Fans verlasse ich die Regionalbahn und erhasche auf dem Weg zum Sportpark erste Eindrücke der Gartenstadt. Eine beklemmende Spießigkeit liegt in der Luft, welche kurz vor dem Erreichen des Sportparks kulminiert. Neben Blumenkübeln und kitschigen Lebensweisheiten auf Holztäfelchen grüßt hier zu allem Überfluss beinahe vor jeder Tür ein Kunststoffdackel vorbeilaufende Passanten.

Für schlanke 5 € erhalte ich ermäßigten Eintritt und ein Stadionheftchen, ohne lästige Gegenfragen beantworten oder Nachweise erbringen zu müssen. Auf den sündhaft süßen Donut eines Sponsoren verzichte ich höflich und bereite mich gedanklich auf die Partie vor. Schon im Hinspiel war FUDU übrigens Zeuge einer geschlossenen Mannschaftsleistung der Staakener geworden, die dazu führte, dem Staffelfavoriten aus dem Mommsenstadion einen Punkt abzuluchsen.

Besondere Brisanz erfährt die heutige Partie dadurch, dass es am 10.05.2018 im Rahmen des U19-Pokalfinales, welches Tennis Borussia letztlich mit 2:1 für sich entscheiden konnte, zwischen Staakener und Charlottenburger Fans zu Handgreiflichkeiten samt Polizeieinsatz gekommen war. Die Ursache für die Auseinandersetzung ist dem Autor nicht bekannt, es steht aber die Vermutung im Raum, dass irgendein Staakener Senior zu oft „negativ“ gesagt hat oder schlecht über seinen Urlaub auf Lesbos gesprochen hat. Irgendein Moralapostel vom Eichkamp wird dann schon im richtigen Moment genau das gehört haben, was er gerne hören wollte.

Trotz der Vorzeichen gibt es heute keine sichtbare Polizeipräsenz auf dem Kunstrasenplatz mit vielleicht 200 Sitzschalen und der breitensporttypischen Reling zum Abstützen. Tennis Borussia ist mit annähernd 150 Mensch*innen angereist, die sich im Verlauf des Spiels aber jedweden akustisch vernehmbaren Supports verwehren werden. Cheftrainer Thomas Brdarić hat indes unlängst bekanntgegeben, dass er Tennis Borussia als Sprungbrett in den höherklassigen Fußball nutzen und zu Rot-Weiß Erfurt wechseln wird und auch der Aufstieg in die Regionalliga ist in weite Ferne gerückt. Am letzten Spieltag der Oberliga-Saison führt Optik Rathenow die Tabelle nahezu uneinholbar an. Tennis Borussia fehlen vor Anpfiff der Partie drei Punkte und stolze 11 Tore, um die Optiker in einem furiosen Schlussspurt abfangen zu können.

Aber was kümmern mich am Wochenende schon die Probleme anderer, denke ich mir, während ich mich dazu entschließe, mir noch eben schnell eine Sucuk vom Grill im Brötchen mit geheimer Soße aus dem Plastikeimer für sehr kulante 1,50 € und ein Bier der Marke „Schaumparty“ für alles relativierende 2,60 € zu gönnen.

Das Spiel beginnt. Schon in den ersten fünfzehn Minuten lässt Tennis Borussia eine „All-In-Mentalität“ vollends vermissen. Anstatt alles nach vorne zu werfen, um das Wunder zu ermöglichen, erlangt man stupide Spielkontrolle durch Ballsicherheit und Quergeschiebe im Mittelfeld. Die ersten etwas mutigeren Angriffe samt zweier Abschlüsse können dann sogar die Staakener für sich verbuchen, die die Saison als Aufsteiger mit einem Sieg auf einem sehr guten 5. Rang beenden könnten. Im Hintergrund rauschen Fernzüge durch das Ambiente, während ein Kind vom Nebenplatz einen Ball über den Zaun auf das Oberliga-Spielfeld schießt und für eine Spielunterbrechung sorgt (24.). Spätestens jetzt fühlt man sich wie in der Kreisliga, konterkariert durch einen TeBe-Fan, der einen Staakener Kleingärtner stolz darauf hinweist, dass ihr Trainer einst Nationalspieler war.

In einem ansonsten ereignisarmen Spiel wird eine vermeintliche Abseitsfehlentscheidung des Linienrichters zum größten Aufreger der ersten halben Stunde. Hätte er die Fahne nicht gehoben, wäre Staakens Stürmer urplötzlich im 1:1 Duell mit TeBe-Keeper Flauder gewesen. So aber bleibt für den Stadionsprecher genügend Zeit, die Berliner A-Jugend-Meisterschaft zu feiern – mit einem 3:3 Remis gegen den Frohnauer SC hatten die Staakener Jungspunde um 11.00 Uhr den Aufstieg in die Regionalliga perfekt gemacht. Die Flanke, die abgefälscht durch ein TeBe-Bein in der 36. Minute beinahe im Gehäuse der Charlottenburger eingeschlagen wäre, geht im Hupkonzert einiger A-Jugendlicher unter, die den Platz noch während der ersten Halbzeit mangels Interesse verlassen.

Sie verpassen, wie auch die Borussen zu leidtragenden der Entscheidungen des Schiedsrichtergespanns werden. In der 52. Minute pfeift Referee Wessel einen lupenreinen Vorteil ab und nimmt TeBe so die Chance, einen brandgefährlichen Konter auszuspielen. Vier Minuten später scheitert Rockenbach da Silva per Kopf – und dann ist es vorbei mit der lila-weißen Herrlichkeit. Spätestens als Gigold mit seinem 20. Saisontreffer in der 62. Minute mit Hilfe des Innenpfostens die Führung gelingt, sind hier alle Messen gesungen. Schön, dass sich die verliebenden A-Jugendlichen nun an die Auseinandersetzungen im Berliner Pokalfinale erinnern und bierselig die eine oder andere Provokation von der Reling auf den Breitensportkunstrasen entsenden. TeBe-Vollprofi Iyad Al-Khalaf lässt sich nicht zwei Mal bitten und erhält nach einer Tätlichkeit sowie stattlichen Spuckens in das Publikum eine rote Karte.

Plötzlich fühlen sich die 150 Tennisnasen unheimlich unfair behandelt und man unterstellt den Gastgebern zum Himmel schreiende Unsportlichkeit. Natürlich stellt man noch einmal zur Schau, dass man wegen des Finales über die Maße nachtragend ist, vermutlich besonders wegen des Lesbos-Skandals. Dass genau diesen Grantler*innen das 0:2 durch Engel in der 79. Minute vollkommen egal ist, passt nur in das bereits fertiggestellte Bild. Fußball ist denen wirklich nicht sonderlich wichtig.

11 Minuten später steht fest: Tennis Borussia ist der Klassenerhalt gelungen. Ich gratuliere herzlich und verlasse den Sportpark mit einem weiteren Schaumbier in der Hand. Nur wenige Minuten später treffe ich vor der Sportanlage auf den ungeduschten Karim Benyamina, der offenbar auch nicht länger in Staaken verweilen will, als nötig. Vor seinem unprätentiösen Oberliga-Mustang verwickele ich ihn in ein kurzes Gespräch: „Da haben sie dich ja ganz schön in der Luft hängen lassen da vorne!“ – „Ja, was soll ich machen, ich bin 37!“ – „War trotzdem schön, Dich mal wieder spielen zu sehen, Eisern bleiben!“, woraufhin Karim sich ein Grinsen nicht verkneifen kann und mit einem „Eisern“ zurückgrüßt, während 2-3 TeBe-Gestalten ungläubig guckend an mir und ihrem Starstürmer vorbeihuschen.

Mir bleibt nun genügend Zeit, das vorbereitete Sightseeing in Staaken-Hahneberg bei bestem Wetter abzuspulen. Gartenstadt, Dorfkirche, Mauerweg. Eine Gedenktafel erinnert an Dieter Wohlfahrt, der am 09.12.1961 als Fluchthelfer von DDR-Grenzposten erschossen wurde. Wahrlich, manchmal gibt es eben doch wichtigeres als Fußball – es sei denn, man ist gerade beim Fußball. Und so werfe ich nur noch einen kurzen Blick auf das Fort Hahneberg von 1888 und halte dann fest: Staaken-Hahneberg. Ein guter Ort, um wieder fort zu fahren. Oder eben schlicht und ergreifend: Der Alptraum unserer Jugend. /hvg

28.05.2018 IFK Malmö – KSF Prespa Birlik 2:1 (1:0) / Malmö Stadion / 154 Zs.

Nachdem wir den Junior vom nördlichen Allerød zum südlich gelegenen København Lufthavn gebracht haben, heißt es für uns den kompletten Weg auf der anderen „Motorvej“-Seite wieder zurückzulegen. Unser Zwischenziel ist fatalerweise Helsingør, um von dort weiter mit Fähre nach Helsingborg/Schweden überzusetzen. Dass wir diesen Weg auch noch zu sehr unchristlicher Zeit und durch den nicht zu verachtenden morgendlichen Berufsverkehr Kopenhagens auf uns nehmen müssen, macht die Sache natürlich nicht attraktiver. Hätten wir besser planen können! Schließlich liegt die Öresundbrücke nach Malmö direkt neben dem Flughafen in östlicher Richtung und zum Ferienhaus nach Höör wäre es auf diesem Wege auch einen Ticken kürzer gewesen. Ach, höör mir doch auf!

Aber natürlich machen wir aus der Not eine Tugend und schlagen nochmal im Border Shop zu. Eine 24er Ramme „Royal Export“ wandert in den Kofferraum des Tschechenbentley. Sie befindet sich dort in bester Gesellschaft, neben einigen Böhmischen Brauspezialitäten sind auch Hoolgers Rammen zur Verwahrung eingelagert. Nach den alkoholreichen Tagen im Staate Dänemark wollen wir den Montag alkoholfrei gestalten und dies kann nun also nur gelingen, wenn wir den Abend außerhalb des Ferienhauses verbringen, da die Versuchung sonst zu groß wäre. Da Schweden auf der anderen Seite nicht unbedingt dazu einlädt im Stadion alkoholmäßig einen drauf zu machen, wird es so ein Leichtes sein, abstinent zu bleiben. Die beiden Spiele Helsingborgs IF – Jönköpings Södra IF und IFK Malmö – KSF Prespa Birlik stehen zur Auswahl, wobei die letztgenannte Partie das Rennen macht. Erstens, weil ich eins meiner HIF-Trikots zu Hause vergessen habe, zweitens ich das Stadion in Helsingborg bereits besucht habe, allerdings vor den Umbauten, und wir mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, im Gegensatz zum Stadion in Malmö, dieses noch die nächsten Jahre besuchen können werden. Drittens ist der Weg nach Malmö kürzer und in Helsingborg waren wir heute auch schon unterwegs.

Auf dem Papier sieht die Paarung natürlich nach einem Sinnloskick aus. Die „Division 2 Västra Götaland“ (4. Liga) lässt kein gutes Spielniveau erhoffen und der IFK Malmö hat im Schnitt nur wenige hundert Zuschauer zu Gast. Allerdings gibt es, neben dem für schwedische Verhältnisse Ende Mai überragend warmen Wetter, einen durchaus wichtigeren Faktor. Das „Malmö Stadion“! Dieses feiert zufällig am heutigen Tag seinen sechzigsten Geburtstag!

Vorher suchen wir noch unser Ferienhaus auf: der Schlüssel ist unter der Terrasse deponiert, die Rammen ins Haus getragen, das Mittag schnell gekocht, der dazugehörige Schlaf erholsam und schwupps sitzen wir wieder im Auto. Es wird direkt der Parkplatz vor dem Stadion angesteuert und auf Sightseeing verzichtet, da uns die Innenstadt von Malmö bekannt ist. Diese wurde im Sommer 2014 vor dem Spiel Malmö FF – IFK Norrköping (3:0) besucht.

Weitere 154 Zuschauer betreten am heutigen Tage das Malmö Stadion, davon zahlen 116, inklusive uns, 100 Kronen Eintritt. Dieses wurde pünktlich für die WM 1958 am 28.05.1958 eröffnet, vier Spiele fanden hier statt. Die DFB-Elf spielte in zwei Vorrundenspielen und im Viertelfinale in Malmö. Die Argentinier spielten im Vorrundenspiel in IFK Malmö Trikots, weil sie keine Ausweichtrikots für die Partie gegen Deutschland dabei hatten. Die Ähnlichkeit zum „Nya Ullevi“ in Göteborg mit seinem geschwungenen Dach kommt nicht zufällig daher, so entwarfen die Architekten Jaenecke & Samuelson beide Stadien. Zur EM 1992 fanden hier drei Vorrundenspiele der Gruppe 1 statt, unter anderem spielte der spätere „McDonald’s“-Europameister aus Dänemark gegen England und Frankreich. Mit Ende der „Allsvenskan“ 2008 zog Malmö FF ins neugebaute und nur rund 100 Meter entfernte „Nya Malmö Stadion“. Im Pokal spielten sie allerdings seither noch einige Male an alter Wirkungsstätte. Ansonsten herrscht seitdem auf fußballerischer Ebene eher Langeweile im Stadion. Der aktuelle Hausherr IFK Malmö ist Gründungsmitglied der „Allsvenskan“ (1924) und spielte 15 Jahre in Schwedens höchster Spielklasse. Der größte Erfolg war die Vizemeisterschaft 1960 und das Erreichen des Viertelfinales im Europapokal der Landesmeister 1960/61 (IFK Norrköping verzichtete als Meister auf die Teilnahme). Die Saison 1962 war die bisher letzte in der „Allsvenskan“ für IFK, danach etablierte sich Malmö FF als klare Nummer Eins in der Stadt und auch im Land, so ist man mittlerweile auch Rekordmeister. Der Abriss des Stadions ist seit 2015 beschlossene Sache, dafür soll ein öffentliches Schwimmareal an gleicher Stelle entstehen. Viel getan hat sich seit diesem Beschluss nicht und so können wir heute hier dieses Kreuz machen. Für mich das achte der zwölf WM-Stadien von 1958.

So ist das Stadion der Star und auch der Star und die ganze Vogelschar sind im Stadion, speziell im Oberrang toben sie sich aus. So kann getrost behauptet werden, dass sich mehr Vogelscheiße auf den Sitzen befindet als Zuschauer. Auch die sanitären Anlagen sind in einem desolaten Zustand und nur aus fußballromantischer Sicht erfrischend.

Das Spiel der ersten Halbzeit ist von spielerischer Unzulänglichkeit auf beiden Seiten geprägt. So schlägt der IFK Stürmer in der ersten Chance des Spiels aus bester Torschussposition über den Ball. Im weiteren Verlauf werden Freistöße in der eigenen Hälfte ins Aus geschlagen, die Ballmitnahme wird regelmäßig vermasselt, es existiert kein Blick für den Mitspieler und auch das Festrennen mit dem Ball am Fuß ist in Mode. Selbst der Schiedsrichter passt sich dem Niveau an und pfeift mehrfach den Vorteil ab. Es ist von allen Seiten eher dürftig. Trotz allem ist IFK dominanter in der ersten Hälfte. Prespa Birlik trifft allerdings nach einem Pfostenschuss in der Anfangsphase, in Minute 43 auch das Tor! Der Torschütze Omar Khattab erzielt dieses im Fallen, dabei schaufelt er den Ball aus halbrechter Position im hohen Bogen ins lange Eck. Genauso – und nur so – konnte in diesem Spiel ein Tor fallen!

Zur Halbzeit betrete ich, wie auch einige andere vor mir und nach mir, den Stadioninnenraum. Ich schieße einige Fotos aus verschiedenen Perspektiven. Einige andere lassen ihre Kinder zwischen den Ersatzspielern herumspringen oder knipsen Selfies auf dem Rasen mit ihnen und der Tribüne samt geschwungenem Dach im Hintergrund. Andere Kinder springen auf der Hochsprunganlage, schwedisch sommerliche Gelassenheit allerorts!

Anders sieht es im Laufe der zweiten Halbzeit auf der Tribüne aus. Ein Anhänger vom KSF Prespa Birlik, welcher durchgehend seinen Unmut herausbrüllt, wird spöttisch von einem älterem IFK-Fan nachgeahmt (glaube, das Wort „Helvete“ (Hölle) herauszuhören…). Sekunden später sind er, dessen Halsschlagader sich in kürzester Zeit auf Naketano-Kordel-Größe aufpumpt und zwei seiner Mitstreiter bei dem älteren Herren vorstellig geworden. Es bleibt zum Glück nur beim verbalen Schlagabtausch und die Situation beruhigt sich wieder. Südländisches Temperament nennt man das, glaube ich. Passt gut zur Herkunft des Klubs, welcher von schwedischen Türken mit mazedonisch-türkischer Herkunft gegründet wurde. Diese stammen – oder haben Vorfahren – aus der Prespa-Region, welche heutzutage zu drei Staatsgebieten zählt und einen mazedonischen, einen albanischen und einen griechischen Teil hat.

Auf dem Platz ist die Mannschaft in der zweiten Halbzeit weit weniger leidenschaftlich. So kommt IFK in der 54. Minute durch Sami Güngör zum Ausgleich. Das Spiel ist dadurch spannend, aber weiterhin niveauarm. Viel gelingt den Feldspielern nicht auf dem Grün und auch der Gästetorwart hat so seine Probleme, kaum einen Ball kann er mal festhalten. Gut für ihn, dass der IFK Stürmer auch lieber den eigenen Spieler aus kurzer Distanz auf der Torlinie trifft als das Tor. „Gruselgrusel“, würde der Spreewaldschurke von sich geben, wenn er dabei wäre! Erst in der Nachspielzeit wird es wieder interessant. Der erst 16-jährige Mikael Marques de Pombal Vivar trifft doch noch das Tor (90.+2) zum 2:1. Prespa Birlik setzt kurz vor Spielende die letzte Chance nur an den Pfosten (90.+6). Nach dieser Szene ist Schluss. Ein Glück! Nüchtern war das kaum auszuhalten und ich frage mich, ob Fußball in Tschechien genauso „niveauvoll“ ist, wenn es nicht soviel preiswertes Bier am Spielfeldrand zu erwerben gäbe. Müsste man irgendwann einmal „ausczechen“! /hool

27.05.2018 Næstved BK – Middelfart G&BK 4:0 (0:0) / Næstved Stadion / 2.008 Zs.

Am Sonntag ist es an der Zeit, den Großraum Kopenhagen zu verlassen und einen Ausflug zu unternehmen. Flugs wird die Familienkutsche unseres Gastgebers von Kindersitzen befreit und mittels eines Union-Stickers am Heck zum FUDU-Mobil umgerüstet. Kurz darauf ist das gut 100 Kilometer entfernte Næstved auf Seeland als Ziel in das Navi eingetippt und wird mit dem kleinen Umweg via Ballerup zwecks Smørrebrød-Einkauf angesteuert.

Knapp 90 Minuten später ist auch das letzte Brot verspeist und das „Næstved Stadion“ erreicht. Dank der guten Kontakte des Schwiegervaters stehen wir auch heute wieder auf einer VIP-Liste und erhalten freien Eintritt. Das Stadion, welches im Jahr 1944 für ursprünglich 20.000 Menschen konzipiert war, fasst in der Zwischenzeit nur noch die Hälfte an Zuschauern und trägt einen bescheidenen Sponsorennamen. Charakteristisch für die Anlage ist die opulente Haupttribüne, die sich nicht direkt an das Spielfeld anschließt, sondern konvex zu diesem verläuft und somit leider dafür sorgt, dass man auf Höhe der Mittellinie gut 10-15 Meter vom Geschehen entfernt sitzt. Charmant sind die Grashügel, die hinter der Gegengeraden und hinter einem der beiden Tore bereits von mehreren Zuschauern bevölkert werden. Da die Sonne scheint, lassen auch wir uns von diesen Lümmeltribünen einfangen, liegen im Gras und harren der Dinge, die da kommen mögen.

Ich fertige erste Fotos der Spielstätte an und merke nicht, dass ich damit einem granteligen Senior offenbar völlig auf dem falschen Fuß erwische. Nach fünf-sechs Schnappschüssen baut er sich jedenfalls vor mir auf, kommt mir unangenehm nahe (→ alter-Männer-Atem) und gibt mir auf dänisch sicherlich nicht die allerbesten Wünsche mit auf den Weg. Dass ich ihn nicht verstehe, verbessert die Ausgangssituation des Streitgesprächs nicht sonderlich, da er nun auch noch abfällige Gesten und Kommentare über englischsprachige Gäste äußert. Der Sandaletten-Hooligan redet sich derart in Rage, dass er es gar nicht mitbekommt, dass wir in Begleitung dänischer Freunde sind und deren Intervention wird von ihm schlichtweg ignoriert. Har du et problem? Vielleicht gestern im Hafen von Næstved auch einfach ein wenig zu viel Qualm eingeatmet, als der färöische Saugbagger „Kronos“ Feuer gefangen hatte…

Wir jedenfalls entschließen uns, unsere Bierbecher einzusammeln und unseren Standpunkt für die erste Halbzeit deeskalierend einige Meter nach links zu verlegen. Schiedsrichterin Tinna Christensen eröffnet die Partie der Aufstiegsrunde der dritten Liga. Mit einem Heimsieg würde Næstved heute den Aufstieg in die zweithöchste dänische Spielklasse perfekt machen – mit sieben Punkten Vorsprung bei zwei verbleibenden Spielen wäre man nicht mehr von Jammerbugt abzufangen. Die Gäste aus Middelfart, die den eher ungewöhnlichen Beinamen G&BK (Gymnastik- og Boldklub) tragen, rangieren jenseits von Gut und Böse auf Rang 6 und somit genau in der Mitte der Tabelle.

Vor der Rekordkulisse von 2.008 Zuschauern legen die Gastgeber los wie gestern die Feuerwehr im Hafen von Næstved. Genau 18 Minuten können die Gäste dem Spielwitz und der Dynamik der Hausherren standhalten, dann trifft der Färinger Finnur Justinussun nach einem blitzsauberen Angriff zum 1:0. Dieser Treffer wird ihnen in Næstved präsentiert von: „Muremester Jespersen“. Was für ein Skandal – there’s only one Muremester in Danmark! Nur Klaus baut Dir schöne Mauern um Dein Haus!

Das 2:0 lässt nicht lange auf sich warten. Nach einer scharfen Freistoßflanke aus halbrechter Position schließt Jensen per Direktabnahme sehenswert ab. Es ist erst eine knappe halbe Stunde gespielt, doch bereits jetzt scheint Næstved der Aufstieg nicht mehr zu nehmen sein. Von exorbitant großer Vorfreude ist um uns herum jedoch noch nichts zu spüren. Einzig und allein der Sandaletten-Hooligan atmet erleichtert auf – ich habe ihn nun schon seit 20 Minuten auf keinem einzigen Foto mehr verewigt.

In Folge werden die Gäste etwas aktiver, haben etwas mehr Ballbesitz, agieren offensiv aber doch einigermaßen brotlos. Die letzte Hoffnung auf einen erfolgreichen Spielausgang macht dann die Frau Schiedsrichterin in der Nachspielzeit der ersten Hälfte zu Nichte, indem sie Næstved einen kuriosen Elfmeter zuspricht: Gäste-Keeper Casper Radza hatte eine Flanke abgefangen und bei dem Versuch, den Abstoß aus der Hand auszuführen, einen im Weg befindlichen Næstved-Akteur bei Seite gestoßen. Eine Szene, die man in den Stadien dieser Welt sicher schon 1000 Mal gesehen hat – und nun hält Frau Christensen die Exklusivrechte daran, diese Allerweltssituation als Tätlichkeit zu werten. Den Strafstoß verwandelt Kasper Mertz per Lupfer in die Tormitte aufreizend lässig.

In der Halbzeitpause wechseln wir auf die gegenüberliegende Seite und nehmen auf einer der unzähligen grünen Sitzschalen Platz. Wir befinden uns nun in einer Art Inklusions-Fanblock und freuen uns, das Spiel gemeinsam mit enthusiastischen Fans mit Handicap erleben zu dürfen. Nachdem der dreimalige Nationalspieler der Färöer per Kopf aus fünf Metern mit seinem neunten Saisontreffer das Ergebnis auf 4:0 in die Höhe geschraubt hat, gerät eine Dame im Elektromobil in Ekstase. Der eh schon nahezu überkochenden Stimmung im Stadion verleiht sie mittels Dauereinsatz der Hupe zusätzliche Würze.

51 Minuten lang war Næstved die dominante Mannschaft. Zielstrebig. Überzeugend. Überlegen. Effizient. Genug getan. Nun trudelt das Spiel beinahe 40 Minuten lang ereignislos seinem Stimmungssiedepunkt entgegen. Als um 15.47 Uhr der Aufstieg feststeht und ein Großteil der Stadionbesucher eher desinteressiert die Anlage verlässt, nachdem man den Spielern in Aufstiegstrikots einen kleinen Applaus spendiert hat, ist der große Moment des Stadion-DJ gekommen. Mit „Samba de Janeiro“ (en baso, en bas, en bas, en baso!) und „Lambada“ versucht er den trägen Massen einzuheizen, ehe er mit dem deutschsprachigen Ballermann-Meisterstück „Geile Stimmung“ zum endgültigen Vergeltungsschlag ansetzt. Ich zitiere: „Und schon wieder geile Stimmung – schalala – alle klatschen in die Hände und wir feiern ohne Ende“. Ja, ne – ist klar. Da kann auch die behinderte Dame im Elektromobil nur den Kopf schütteln und schleunigst rückwärts ausparken. FUDU tut es ihr gleich und verlässt die Party etwas irritiert, aber schnellstmöglich.

Auf dem Weg zum Parkplatz wird ein kleiner furzender Junge noch eben schnell im Vorbeigehen zum Maskottchen von Middelfart ernannt und nur wenige Minuten später stehen die FUDU-Flaschen am sagenumwobenen Aussichtsturm in „Tuborg“-Flaschenform, den man 2017 noch verpasst hatte. Dieser ist heute jedoch verschlossen, sodass FUDU der sicherlich majestätische Blick auf die darunter befindliche Tankstelle verwehrt wird. Mit einem letzten „Faxe Kondi Booster“ im Gepäck geht es im Union-Volvo zurück nach Allerød, nicht ohne sich auf halber Strecke des Wildurinierens strafbar zu machen. Offentlig tisse: 750 DKK – pro Penis!

Das Wochenende lassen wir an der Dartsscheibe ausklingen, untermalt von dänischen Relegationspartien im Fernsehen und der Schocknachricht, dass sich „Lord“ Bendtner im Spiel seines Rosenborg BK in der Leistengegend verletzt hat und unter Tränen auf dem Rasen zusammengesackt war. Eine Teilnahme an der WM scheint nahezu ausgeschlossen und – wie das bei einem derart polarisierenden Spieler nun einmal der Fall ist – halb Dänemark weint, halb Dänemark verfällt in Jubel.

Am nächsten Morgen kutschiert mich das FUDU-Pärchen in aller Früh zum Lufthavn. Während die beiden noch einige Tage durch Schweden reisen werden, bin ich easyjet unheimlich dankbar, dass sie ausgerechnet auf der Rückseite des Sitzes vor mir davon abgesehen haben, für ihre aktuell gültige Bier-Rabatt-Aktion zu werben. Ich schaue mich um und scheine tatsächlich den einzigen Sitz erwischt zu haben, der nicht in Versuchung geführt wird. Sehr rücksichtsvoll, da ich mich leider nicht auf dem direktem Weg ins Trinkermilieu, sondern zur Arbeitsstelle befinde. Ach, es ist mal wieder an der Zeit, den Großraum Berlin zu verlassen und einen Ausflug zu unternehmen… /hvg

26.05.2018 Brønshøj BK – Næsby BK 2:2 (0:0) / Tingbjerg Idrætspark / 454 Zs.

Es ist 5.30 Uhr in der Früh. Soeben hat mein Wecker geklingelt. Ich recke und strecke mich und schüttele mir die Nacht auf den Sitzbänken des Flughafens Marco Polo aus dem Skelett. Ein kurzer Moment der Orientierung genügt und schon ist Fetti eingenordet: Jetzt schnell aus Venedig zur Arbeit fliegen, die Rucksäcke austauschen und nach Feierabend nach Dänemark düsen. So stelle ich mir einen gelungenen Casual Friday vor, Freunde!

Knappe sechzehn Stunden später rollt dann auch schon der Tschechenbentley des FUDU-Pärchens mit mir an Bord in Rostock auf die Fähre. Die Preise für Alkoholika sind abermals sehr kundenfreundlich gestaltet, sodass wir bereits knappe sechzehn Sekunden nach Abfahrt drei Rammen Dosenbier und eine Stiege „Faxe Kondi“ auf dem kleinen Tisch vor unserer Sitzgruppe aufgetürmt haben. Das Trinken an Bord ist weiterhin erlaubt – fähre Geste! – und auch mein Arbeitstag hat sich gelohnt, insofern, als dass ich einige übrig gebliebene Leckereien vor der Entsorgung bewahren konnte und FUDU nun durch den Abend füttern kann. Um 1.00 Uhr haben wir das Domizil unseres dänischen Gastgebers erreicht und händigen als Begrüßungsgeschenk stilecht eine Flasche „Berliner Luft“ und einen Brotaufstrich namens „Berliner Spreeschlamm“ aus, welcher in der Kopenhagener Straße hergestellt wird. Als hätte es diese zusätzliche völkerverbindende Symbolik noch gebraucht…

Nach einem letzten gemeinsamen „Berliner Pilsner“ des Tages und einer darauf folgenden geruhsamen Nacht im Fußballkeller, schwärmen die FUDU-Schweine am Samstagvormittag auch bereits wieder aus, um sich für das heutige Barbecue am Abend einzudecken. Aufmerksame Leser des Blogs wird es bereits dünken: FUDU in Dänemark? Ist denn schon wieder Champions-League-Finale? In der Tat, unsere traditionsbewusste Gruppe weilt nun das vierte Jahr in Folge in der FUDU-Exklave-København, während in Europas Königsklasse zum entscheidenden Spiel gebeten wird. Bereits während des Einkaufs kennt unsere Kreativität keine Grenzen mehr und so entsteht dank der Finalteilnahme Liverpools ein legendärer Mo-„Skinke-Salah“-Song, während sich der Hoollege und der „Fischkopf“ an der Wettbude der Tanke verausgaben. Aufgrund nicht ausreichender Dänischkenntnisse kreuzt der Hoollege irgendetwas mit AIK Solna, Heimsieg Brønshøj und Doppelpack Salah an.

Doch bevor wir uns gedanklich bereits zu sehr auf diese Glitzerwelt einlassen, gilt es schleunigst die Ärmel hochzukrempeln und ein Dosenbier zu öffnen. Vorher gibt es nämlich noch echten Fußball an der Basis zu sehen. Im „Tingbjerg Idrætspark“ wird heute der Brønshøj BK den Boldklub aus Næsby empfangen. In der Abstiegsrunde der dritthöchsten dänischen Spielklasse sind nur noch vier Spiele zu absolvieren. Aktuell steht der Gastgeber mit 22 Punkten knapp über dem Strich, während die Gäste mit zwei Punkten weniger in der Abstiegszone rangieren. Für Spannung dürfte also gesorgt sein, zumal unser Gastgeber einen persönlichen Bezug zu Brønshøj hat. Als Mitglied des Trainerteams der Veteranenmannschaft fiebert er heute besonders mit. Unsere Unterstützung ist ihm ohnehin sicher, dennoch lässt er es sich nicht nehmen, Nadjuschka im Fußballkeller mit einem wunderbaren Torwarttrikot der „Hvepsene“ (→ Wespen) zu versorgen, welches sich sogleich der Hoollege unter den Nagel reißt und anprobiert. Auf dem Weg zum Stadion sammeln wir den Schwiegervater unseres Gastgebers ein, der einst Cheftrainer der ersten Mannschaft war und uns daher heute freundlicherweise mit VIP-Karten für den Abstiegskracher versorgen kann. Wohl dem, der Kontakte hat!

In Begleitung des Ex-Coaches schlendern wir durch die Katakomben, vorbei an den Umkleidekabinen, begutachten historische Mannschaftsfotos, hier ein Handschlag, dort ein freundliches Hallo. Und plötzlich stehen wir in der urigen Clubkneipe, wobei ich mir nicht sicher bin, ob es überhaupt einen anderen Zugang zu dieser gegeben hätte oder ob nicht schlicht und ergreifend alle Fußballfreunde – VIP hin oder her – genau diesen Weg nehmen müssen. Wir machen es uns bei „Tuborg Grøn“ gemütlich, auch weil uns zugetragen wird, dass sich der Anpfiff des Spiels wegen einer Gewitterwarnung auf unbestimmte Zeit verzögern wird. Draußen sind zwar einige wenige dunkle Wolken aufgezogen, dennoch scheint die Maßnahme auf den ersten Blick etwas überzogen zu sein. In Dänemark lässt man seit 2009 diesbezüglich jedoch besondere Vorsicht walten, nachdem Jonathan Richter vom FC Nordsjælland im Training von einem Blitz getroffen wurde und in letzter Konsequenz seinen Unterschenkel verlor.

Die strikten Regularien des dänischen Fußballverbandes führen letztlich dazu, dass wir eine halbe Stunde auf den Anstoß warten müssen, ohne dass es wirklich ein Gewitter gegeben hätte. Aber gut, Vorsicht ist bekanntlich die Mutter der Porzellankiste und mit unseren dänischen Freunden kann man es auch schon mal aushalten, ohne dass ein Ball rollt.

Da mit rollendem Ball aber bekanntermaßen alles noch etwas schöner ist, freuen wir uns dann doch aufrichtig, als die Akteure unter ziemlich spektakulären „Black and Yellow“-Klängen von Wiz Khalifa endlich das Feld betreten. Für die Wahl dieser Einlaufmusik erhält der Stadion-DJ aus Brønshøj ein Kreativitätsbienchen und gleichzeitig möchte man ihn herzlichst darum bitten, ein entsprechendes Seminar für all die „Hell’s Bells-“, „Imperial March-“ und „Fluch der Karibik“-Trottel anzubieten, damit demnächst von Aachen bis Zypern für hoffentlich etwas mehr Abwechslung vor den Spielen gesorgt ist.

Wir können uns als VIP-Gäste noch eben schnell mit einer gratis Wurst, gratis Bier und einem gratis Stadionheft eindecken und erfahren, dass in Michael Winter ein deutscher Trainer das Zepter in Brønshøj schwingt. Nach zehn Minuten setzt ordentlicher Regen ein, was uns unter der überdachten Haupttribüne nicht sonderlich irritiert, aber eine sonderbare Hipster-Olsenbande mit gelben Schirmmützen auf der Gegengeraden in helle Aufregung versetzt. 454 Zuschauer sind gekommen, die sich nun nach fünfzehn gespielten Minuten allesamt unter dem Dach versammelt haben. Gut ein Drittel der Tribüne steht, schwenkt Fahnen, supportet und positioniert sich durch den Einsatz von Regenbogenfahnen und anderen politischen Botschaften angenehm weltoffen. Auf dem nassen Geläuf gibt es nach 22 Minuten den ersten Aufreger zu bestaunen, doch Heimkeeper Kasper Vilfort kann den immer länger werdenden Ball noch gerade eben so um den langen Pfosten drehen. Glanztat!

Da unsere dänischen Gastgeber echte Auskenner sind, verweisen sie just in diesem Moment darauf, dass Kasper Vilfort der Neffe von Kim Vilfort ist. Die Brøndby-Legende absolvierte nicht weniger als 470 Spiele für „gul og blå“ und zählte 1992 zu den Torschützen beim historischen 2:0 Finalsieg der Dänen im EM-Finale von Göteborg.

Da lässt sich der Ex-Coach der Wespen nicht lange bitten und gibt die nächste Insideranekdote zum Besten. Er hat auf der Tribüne niemand geringeren als Jens Larsen entdeckt, der heute in der Rolle des Schiedsrichterbeobachters im „Tingbjerg Idrætspark“ zu Gast ist. Im Jahre 2000 hatte Larsen im EM-Finale von Rotterdam an der Linie gestanden, als Italien Frankreich mit 1:2 n.V. unterlag. Zwei Jahre später assistierte Larsen im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft Hauptschiedsrichter Graham Poll bei dem Spiel Italien-Kroatien und stahl Italien wegen zweier falscher Abseitsentscheidungen zwei Treffer. Christian Vieri ging im Anschluss hart mit ihm ins Gericht und nannte ihn einen „Amateur“ und „Dorfschiedsrichter“. Angesichts der Tatsache, dass Larsen vor der WM nie ein Spiel der ersten oder zweiten Division gewunken hatte, natürlich eine ziemlich heftige Attacke. Etwas schwerer ins Gewicht dürften da die Morddrohungen gefallen sein, die er im Anschluss aufgrund der Fehlentscheidungen aus Italien erhalten haben soll.

Im weiteren Verlauf des ersten Abschnitts wird das Spiel hart umkämpft bleiben, aber wenig spielerische Höhepunkte bieten. So bleibt genügend Zeit, um über die Regenbogen-Spielführerbinde des US-Amerikaners Jamil Fearrington und über einen direkt getretenen Freistoß der Gäste (31. Minute) zu berichten. In der 39. Minute lässt sich Andreas Lissau zu einem übermotivierten Einsteigen an der Mittellinie hinreißen. Nach einer beherzten Grätsche von hinten wird er von Schiedsrichter Outzen duschen geschickt. So nah liegen Freud und Leid beieinander – nur wenige Augenblicke vor dem Foul war Oscar Buch (Rückennummer 97) nach dem schönsten Angriff Brønshøjs denkbar knapp gescheitert, aber was will man von jemandem mit einem solchen Namen auch erwarten. So geht Næsby jedenfalls mit einem Remis im Rücken und einem Mann mehr auf dem Platz in die Pause und darf sich für die zweite Hälfte einiges ausrechnen.

In der Pause wird FUDU von der freundlichen Dame am Zapfhahn sehr zuvorkommend behandelt. „He can wait“ sagt sie und zeigt mit dem Finger auf einen älteren Herren, der eigentlich vor uns an der Reihe gewesen wäre. Der alte Mann lächelt und nickt und hat keinerlei Probleme damit, dass die VIP-Schweine zuerst abgefüllt werden. Während wir uns ausschließlich in die wohlig warmen Arme Gevatter Alkohols begeben, benötigt die Dame der Reisegruppe zusätzlich etwas zum Zudecken. Auch für dieses Bedürfnis haben die „Hvepsene“ für ihre VIP-Gäste etwas zufriedenstellendes in petto und schon kann der zweite Spielabschnitt beginnen…

… der ebenfalls viel erwärmendes zu bieten haben wird. Gerade einmal elf Minuten sind gespielt, als die Gäste einen Angriff vom Reißbrett vortragen können. Kapitän Lund, der sich in der ersten Hälfte noch schwer am Gemächt verletzt hatte, erläuft einen Steilpass auf der rechten Außenbahn, legt mustergültig quer und Nicklas Stockholm schiebt zum 0:1 ein. Die Führung für Næsby währt lediglich vier Minuten, da sich die Abwehr nach einem Trikotzupfer im Mittelfeld und in Folge eines schnell ausgeführten weiten Freistoßschlags etwas schlafmützig zeigt. Den Kopfball von Stoßstürmer Kevin Bechmann kann Keeper Henriksen noch mit Mühe und Not abwehren, doch den Nachschuss kämpft der Stürmer im Fallen in die Maschen. En-En!

Die schwarz-gelben Gastgeber spielen nun gradlinig, leidenschaftlich und bringen einen deutlich erkennbaren Willen auf den Platz, hier und heute in Unterzahl als Sieger von selbigem gehen zu wollen. Oscar Buch bleibt allerdings so schlecht wie sein Name und wird aus Leistungsgründen nach 62 Minuten ausgetauscht. Wie war das doch gleich: Buch? Da buch‘ ich lieber Urlaub!

Vier Minuten nach diesem Spielertausch zahlt sich das aggressive Pressing im Mittelfeld aus und Brønshøj kann wieder einmal einen Ballgewinn für sich verzeichnen. Es entsteht eine vielversprechende Kontersituation: Kevin Bechmann läuft mit Ball am Fuß auf die etwas indisponierte Abwehr zu, entscheidet sich dann aber eigentlich für die verkehrte Option und spielt den Pass (zum ohnehin bereits falschen Adressaten) dann auch noch dermaßen schlampig, dass ein Abwehrbein dazwischen gestellt werden kann. Glück, dass von eben jenem Bein der Ball zurückspringt und Bechmann aus spitzem Winkel abschließen kann. Torwart Henriksen sieht alles andere als gut aus und lässt sich von diesem überraschenden Flachschuss übertölpeln.

Wie viel die Wespen bis hierhin investiert haben, zeigt sich bereits in der 69. Minute, als Cem Vardar von Krämpfen geplagt auf dem Platz zusammensackt und ausgetauscht werden muss. Bei dem einen oder anderen Spieler ist der Tank bereits auf Reservestand und so wird es in den letzten 20 Minuten ausschließlich darum gehen, die Führung über die Ziellinie zu retten. Einzig und allein Bechmann sorgt für etwas Entlastung – in der 77. Minute nimmt er es mit der gesamten Abwehr Næsbys auf und nach dieser tollen Einzelaktion gelingt ihm der letzte Abschluss der Wespen an diesem Tage.

Es kommt, wie es kommen muss. In der 83. Minute können die Gäste ihre zahlenmäßige Überlegenheit und ihre Kraftvorteile in Zählbares ummünzen. Einem schönen Steckpass in die Schnittstelle der Viererkette folgt ein Abschluss auf die lange Ecke, der noch gerade eben so per Grätsche von der Linie gekratzt werden kann. Doch bedauerlicherweise leidet Brønshøjs Defensive kollektiv am Stockholm-Syndrom und kooperiert mit dem Angreifer, indem sie diesen völlig freistehend zum Ausgleich abstauben lässt. To-To.

In Folge kippt das Spiel nahezu und am Ende des gut zehnminüten Zitterns der Schlussphase können sich die Gastgeber unter dem Strich mit dem 2:2 glücklich schätzen. Der Hoollege hat nicht nur deswegen seine Wette verloren, sondern auch, weil der AIK Solna 3:3 gespielt hat und somit „mehr als 2,5 Tore“ gefallen sind – was er übrigens vorausgesagt hatte, aufgrund der Sprachbarriere aber leider falsch angekreuzt hatte. So bleibt die Erkenntnis, dass weniger eben manchmal doch nicht mehr ist. Gammel Dansk Bitter!

Wir eilen aus dem Stadion, brausen zurück in unser Domizil nach Allerød und schmeißen Grill und Fernseher an. Schnell wird uns vor Augen geführt, dass wir nun die fußballerische Basis verlassen haben und ziemlich unsanft in der Glitzerwelt des Fußballs gelandet sind. Die Vorberichterstattung der Partie Aston Villa gegen West Brom besteht jedenfalls beinahe ausschließlich daraus, zu taxieren, welchen finanziellen Wert die Begegnung hat. Wer heute gewinnt, steigt in die Premier League auf und hat 190.000.000 £ sicher auf der hohen Kante. Toll.

Das Essen schmeckt, West Brom steigt auf, neues Bier steht im Schuppen. Nach und nach trudeln weitere Gäste ein und es zieht uns hinunter in den Fußballkeller, in dem das Champions-League-Finale zwischen Liverpool und Real pünktlich um 20.45 Uhr angepfiffen wird. Wir sitzen in den unterschiedlichsten Fußballtrikots um den Fernseher herum und drücken alle dem Liverpool FC die Daumen. Loris Karius wird zum traurigen Helden des Abends und sorgt mit zwei Patzern für den 3:1 Sieg der Madrilenen. Karius stellt sich im Anschluss weinend den Journalisten und wird nun ganz sicher einen Dentaltrainer brauchen. Auch aus dem Doppelpack Salahs ist indes nichts geworden, da ihm der freundliche Sportsmann Ramos nach nur 26 Minuten durch ein widerlich dreckiges Foul die Schulter gebrochen und somit zeitgleich auch den Traum zerstört hat, Ägyten nach 28 Jahren WM-Abstinenz durch das anstehende Turnier in Russland zu führen.

Nicht viel besser läuft es für den „Muremester“, der kurz Interesse signalisiert, sich der nächsten Berlinreise seiner Kumpels anzuschließen. FUDU hat ihm bereits Asyl angeboten, als er einen unnachahmlichen Blick seiner Frau erntet. So sieht es also aus, wenn einer Dänin ihrem Mann wortlos „Wenn Du das machst, dann…“ zuraunt. Ich hingegen denke müde lächelnd an meine letzten Reisen zurück und all die Pläne der kommenden Monate. Nun ja. Entweder man findet eine Frau – oder man macht sich halt ein schönes Leben. /hvg

23.05.2018 ND Gorica – NK Ankaran Hrvatini 4:1 (1:1) / Športni park Gorica / 500 Zs.

Die neunzigminütige Zugfahrt von Venezia nach Udine wird uns durch die Vorberichterstattung zum letzten Spieltag der Serie A versüßt. Die italienische Bahn hat erkannt: Wenn man schon Monitore in den Abteilen hängen hat, dann kann man dort natürlich auch Fußball zeigen. Morgen wird Udinese Calcio im Abstiegsschlager auf den Bologna FC treffen und vor heimischem Publikum den Klassenerhalt hoffentlich unter Dach und Fach bringen können. Unsere Vorfreude wird nur kurz getrübt, als wir aus der Heimat die dramatische Neuigkeit erfahren, dass Sandro Wagner soeben aus der Nationalmannschaft zurückgetreten ist. Und, Freunde, es wird noch schlimmer: Auch Günter Hermann wird unter Jogi Löw nicht mehr für die deutsche Auswahl auflaufen!

Schnell haben wir unser plüschiges Stundenhotel in der „Viale Leonardo Da Vinci“ erreicht und nach nur kurzer Sorge darüber, der albanische Gastgeber könnte mit unseren von ihm so über den grünen Klee gelobten deutschen Personalausweisen über die Berge der Karnischen Alpen entschwunden sein, sind wir auch schon in der Gastronomie des „Due Palme“ eingekehrt. Während wir auf unsere Ausweise und die Bereitstellung unserer Zimmer warten, „überzeugt“ das Restaurant des Hauses auf ganzer Linie. Es gibt frisches Veltins vom Fass und bedauerlicherweise ist um kurz vor 12.00 Uhr die Lasagne ausverkauft. Wenn in Italien die Nudeln alle sind, dann bleiben keine Fragen offen.

Nach dem Festmahl zieht es uns zunächst zu einer Siesta auf die Zimmer und dann bei latentem Nieselregen in die Innenstadt und zum „Castello di Udine“. Im Vorbeigehen erfahren wir im Fanshop, dass die Eintrittskarten für das morgige Spiel zu je 5€ verramscht worden sind und dass das Stadion bereits restlos ausverkauft sein soll. Durch die personengebundenen Tickets ist gleichzeitig die Hoffnung passé, auf dem Schwarzmarkt zuschlagen zu können und wohl oder übel muss man sich nun damit abfinden, zwei sinnentleerte Tage in Udine verbringen zu müssen. Richtig spektakulär wird der Stadtspaziergang dann nur, als am „Piazza della Libertà“ eine Schauspieltruppe in mondänen Renaissancekleidern (vielleicht auch Barockkleider – da möchte ich mich nicht streiten müssen) auftaucht und in historischer Kulisse von einer Schar Fotografen abgelichtet wird. FUDU sitzt im Hintergrund etwas niedergeschlagen Bier trinkend auf den Treppen und sorgt so dafür, dass zumindest ein Schandfleck mit Photoshop aus den ansonsten sicherlich hübschen Motiven entfernt werden muss…

Am Samstagabend zeigt der lokale Irish Pub entgegen unserer Hoffnung leider keine Spiele des FA-Cup und nicht einmal das Basketballspiel zwischen den Amici Pallacanestro Udine und Junior Casala Monferrato wird trotz der Ankündigung auf der Werbetafel eingeschaltet, weil der einzige reservierte Sechsertisch soeben telefonisch abgesagt hat. Der Sticker „No Dacia Arena“, der neben uns an der Wand prangt und der sich vermutlich eher gegen den Neubau und den Sponsorennamen als solches richtet, wird für uns zum geflügelten Wort des Abends. Noch ein Bier, bitte. Stößchen, No Dacia Arena, kein Fußball für FUDU!

Am Sonntag schlendern wir noch einmal durch die Stadt. Das Wetter ist uns glücklicherweise besser gesonnen als gestern, sodass der Aufenthalt an der frischen Luft für etwas Farbe im Gesicht sorgen kann. Auch die Fotos der Stadt sehen heute deutlich besser aus, wovon sich die Fotografen, die vermutlich gerade jetzt über Photoshop brüten, um uns Atzen zu retuschieren, aber auch nichts kaufen können. Die „Bar Sportivo“, die wir im Internet auserkoren hatten, um den Abstiegskrimi wenigstens am TV verfolgen zu können, hat sonntags logischerweise geschlossen. Wäre ja auch blöd, eine Sportkneipe zu öffnen, wenn Fußball im TV läuft. Also treibt es uns zu einem weiteren Insidertipp am anderen Ende der Stadt und tatsächlich haben sich hier acht Menschen, die Udine offenbar alle hassen, um den Fernseher versammelt und fiebern mit den Gästen aus Bologna mit. Im „Stadio Friuli“ werben gleich sechs verschiedene Wettanbieter im Wechsel an den digitalen Banden und zu unserem großen Ärgernis sind gut 1/3 der bunten Sitzschalen verwaist, dennoch gilt das Stadion mit 24.015 Zuschauern (zumindest im Heimbereich) offiziell als ausverkauft. Schön, dass sich tausende Luigis und Antonios mit Karten eingedeckt haben, um dann mit dem Culo zu Hause zu bleiben. Am Ende gewinnt Udine 1:0 und in der Kneipe freut sich niemand über den Klassenerhalt. Auch FUDU hat nach 48 Stunden in der Stadt die Faxen dicke. Udine auf’s Frimaul!

 

Am Montagmorgen heißt es für FUDU dann „Neues Land, neues Glück“ und mit einem Rucksack voller guter Hoffnungen wird am „Finaltag der Amateure“ Slowenien als Ziel der Reise auserkoren. In der italienischen Grenzstadt Gorizia kehrt das Glück zu den beiden FUDU-Schweinen (oder zu den bekackten Amateuren) zurück und der Bustransfer, der die Orte Gorizia und Nova Gorica nur alle zwei Stunden miteinander verbindet, lässt lediglich fünf Minuten auf sich warten. Für faire 1,30 € haben wir die Grenze recht schnell passiert, nur kurz darauf unsere slowenische Absteige in Stadionnähe erreicht und im Anschluss ein erstes Bier auf dem Tisch stehen. Ich verfalle in große Sorge, da ich den halben Liter „Union“ schneller leere als Günter. Recht schnell ist klar: Udine hat meinen Reisekumpanen leider krank gemacht, sodass ich den ersten Stadtbummel im Anschluss von Schnitzel und Roastbeef alleine bewältigen muss.

Der slowenische Autofahrer an sich wartet gerne geduldig an Zebrastreifen, bis sich auch der letzte orientierungslose Fußgänger entschieden hat, ob er über die Straße gehen mag oder nicht. Der slowenische Passant an sich ist sehr hilfsbereit, freundlich und beunruhigend zuvorkommend. Hat man einmal für 30 Sekunden den Stadtplan vor der Nase, wird man umgehend gefragt, ob man Hilfe benötigen würde. Ich fühle mich sehr schnell sehr wohl und bin nur kurz von den Werbeplakaten der SDS-Partei irritiert, die mit vollen Flüchtlingsbooten und anderen rechtspopulistischen Scheißargumenten um Stimmen für die anstehenden Parlamentswahlen am 03.06. buhlt. Die wird hier schon keiner wählen, so nett wie die alle sind.

Die Stadt ist allerdings erwartungsgemäß nicht sonderlich ansehnlich. Entstanden ist Nova Gorica infolge der Grenzziehung zwischen Italien und Jugoslawien im Frieden von Paris von 1947, als die ursprüngliche Stadt Görz geteilt wurde. Jugoslawien wurden kleinere Vorstädte sowie der von Partisanen besetzte Bahnhof der Wocheiner Bahn zugesprochen. Ab 1948 wurde Nova Gorica dann am Reißbrett entworfen und als sozialistisches Urbanismusprojekt des Architekten Edvard Ravnikar aus dem Boden gestampft.

Am nächsten Morgen fehlt Günter unentschuldigt beim Frühstück. Spätestens jetzt wäre er aus disziplinarischen Gründen aus dem Kader gestrichen worden, wäre er diesem längst fälligen Schritt nicht durch seinen Rücktritt zuvorgekommen. Aufgrund seiner Nichterreichbarkeit und meiner unbändigen Motivation entschließe ich mich, alleine durch das Sočatal zu wandern und einen Blick auf die „Solkanski most“ zu erhaschen. Der anfangs leichte Nieselregen wird ab 10.30 Uhr dermaßen stark, dass ich die Wanderung abbreche und völlig durchnässt zum Hotel zurückkehre. Nach einer warmen Dusche dreht mir der Wettergott die lange Nase, setzt den Regen aus und lässt die Sonne scheinen. Da sich Günter nur kurz darauf wiedergenesen meldet, heiß es alsbald: Alles auf Anfang.

Nach einem schmackhaften Ćevapčići-Imbiss im Brot treten wir die Wanderung also gemeinsam an. Die kristallklare Soča (oder der Isonzo, wenn man es italienisch mag) fließt in schönstem türkis zu unserer Rechten und es entstehen werbeplakattaugliche Fotos mit Dosenbier. Das Gebirge drumherum könnte malerischer nicht sein und der Blick auf die größte gemauerte Eisenbahn-Bogenbrücke der Welt ist überaus imposant. Im ersten Weltkrieg war die Brücke durch österreichisch-ungarische Pioniere gesprengt worden, die sich im Tal blutige Gefechte mit den Italienern lieferten. 1927 wurde die Brücke wieder eingeweiht und im zweiten Weltkrieg überstand sie einen Luftangriff der Westalliierten nahezu unbeschadet. Da auf der Eisenbahnstrecke der Wocheiner Bahn, die einst vom kaiserlichen Österreich errichtet worden war, um das heutige Jesenice mit dem Hafen von Triest zu verbinden, mittlerweile nur noch Nahverkehrszüge in sehr ungünstiger Taktung verkehren, kommen wir leider nicht in den Genuss, die Brücke mit der Bimmelbahn zu passieren und so müssen wir die gut 13 Kilometer aus dem nächsten Ort Plave auch retours wieder zu Fuß zurücklegen.

Am Spieltag bleibt noch genügend Zeit, dem italienischen Grenzstädtchen Gorizia einen Besuch abzustatten. In das „Castello di Gorizia“ erhält man freien Eintritt und hat von dort aus eine wunderbare Aussicht auf die Berge des Sočatals, von denen noch immer einer durch einen riesigen steinernen TITO-Schriftzug geziert wird. Die Gefolgschaft des jugoslawischen Staatspräsidenten hatte so einst dafür gesorgt, dass sich die Italiener tagein, tagaus über den Verlust ihres (erhofften) Territoriums ärgern mussten, während man auf dem Burghügel mit einer überdimensional großen italienischen Flagge die Jugoslawen auf der anderen Seite optisch malträtierte. Ätsch, selber doof!

Heute muss der 1947 gegründete (→ Frieden von Paris) ND Gorica am vorletzten Spieltag der slowenischen Fußballliga antreten. Aber Fußball und Politik haben ja miteinander nichts zu tun, wie aufmerksame Leser der Kommentarspalte der Faszination Fankurve wissen dürften. Die Gäste aus Koper sind in der ersten Erstligasaison ihrer Vereinsgeschichte (während sich Gorica zu den 21 Gründungsmitgliedern der slowenischen Fußballliga zählen darf und seither alle 27 Jahre erstklassig spielte) aktuell 10. und somit Tabellenletzter und dürften in zwei Wochen den Weg zurück in die Zweitklassigkeit antreten. Auch für Gorica geht es tabellarisch um nichts mehr, sodass das Spiel ganz im Zeichen des Abschieds von Vereinslegende Miran Burgič stehen kann. Nach vier Jahren bei den Junioren, sowie 145 Spielen und 49 Toren für die „Erste“ setzt der 33-jährige – nach den Zwischenstationen AIK Solna, Wacker Innsbruck, Hapoel Ramat Gan, Ethnikos Achas und Olimpija Ljubljana – an diesem Nachmittag einen Haken hinter seine Karriere.

Auf der Tribüne haben sich an einem Mittwoch um 16.00 Uhr Fans, Familie und Freunde Burgičs in all den Trikots der Vereine seiner Karriere eingefunden. Der Stadion-DJ bedient eine selten dagewesene Bandbreite von Motherfucker-Hip-Hop bishin zu slowenischer Akkordeonfolklore und währenddessen formieren sich Jugendspieler des Clubs auf dem Rasen zu einem deutlich lesbaren „HVALA“. Noch vor Beginn des Spiels darf Burgič einen Balkon auf der Haupttribüne besteigen und sich neben einem Blumenstrauß auch den verdienten Applaus des Publikums abholen. Noch nicht dabei sind die Ultras auf der Gegengerade, die den Anpfiff heute leider um gut 10 Minuten verpassen werden.

Das Spiel beginnt fußballerisch „vielversprechend“ und in den ersten Minuten darf FUDU direkt fünf hanebüchene Fehlpässe bestaunen. Nach vier Minuten würgt Leon Marinič den Ball nach einem schönen Angriff über den Flügel und einem klugen Pass in den Rücken der Abwehr mit Mühe und Not über die Linie. Nicht einmal zehn Minuten später humpelt Grudina auf Heimseite angeschlagen vom Platz und muss ausgetauscht werden, nach 25 Minuten verlieren auch die Gäste ihren ersten Spieler (Felipe Santos) verletzungsbedingt. Wenn die Akteure hier weiter dermaßen unbeholfen ineinander scheppern, dürfte es noch ein unterhaltsamer Nachmittag werden.

Nach 25 Minuten sendet der Gast ein erstes Lebenszeichen. In einem sonst weiterhin niveauarmen Spiel zischt ein Fernschuss nur knapp am Gehäuse Goricas vorbei. Im Anschluss hat der viermalige Meister und dreimalige Pokalsieger Sloweniens (1996, 2004, 2005, 2006 / 2001, 2002, 2014) eigentlich wieder alles fest im Griff, ehe Ankaran wie aus dem Nichts mit einem trockenen Schuss aus 16 Metern zum Ausgleich kommt. Günters Liebling Žiga Lipušček, der als Innenverteidiger bis hierhin mit seinem guten linken Fuß, seiner Kopfballstärke und seiner soliden Technik herausragte, hatte den Ball relativ unbedrängt im Spielaufbau verloren – oder: ein unglücklicher Pressschlag, wie Günter zu Protokoll geben wird. Im weiteren Verlauf des ersten Spielabschnitts vergeben die Gäste noch eine Doppelchance nach einem Freistoß und nur wenige Sekunden vor dem Halbzeitpfiff kann Gorica den Ball nach einer Ecke nur gerade eben so von der Linie kratzen.

In der Halbzeitpause gibt es für FUDU leider kein Bier käuflich zu erwerben. Die Ultras aus Gorica wissen offenbar von diesem unhaltbaren Zustand und verlassen zur Pause das Stadion, um sich auf dem Parkplatz ein schnelles Helles zu gönnen. Da sie bei der Rückkehr in das Stadion abermals kontrolliert werden, verpassen sie auch den Anpfiff des zweiten Abschnitts.

Nach zehn gespielten Minuten ist dann auch die Kurve endlich wieder komplett, doch es bleibt bei der bitteren Erkenntnis, dass man in der Stadt mehr Graffiti mit Fußballbezug gesehen hatte, als letztlich Supporter anwesend sind. Gerade einmal 20 Menschen zählen unter den heute 500 Anwesenden zu denjenigen, die so etwas wie Atmosphäre in den „Športni park“ zu zaubern versuchen.

Die Geschichte der zweiten Hälfte schreibt Miran Burgič – Ehre, wem Ehre gebührt. In der 55. Minute steht er als Abstauber goldrichtig und kann einen Kopfball nach einer Ecke, der zunächst an der Latte und dann am Rücken des Gästekeepers gelandet war, zum 2:1 verwandeln. In Folge rollt Angriff um Angriff auf das Tor von Ankaran zu, doch jedes Mal haben die Stürmer genügend Zeit, so lange nachzudenken, bis man endlich falsche Entscheidungen treffen kann und entweder überhastet abgeschlossen oder der letzte (mitunter nicht notwendige) Querpass nicht an den Mann gebracht wird.

Gästespieler Tim Vodeb versucht derweil, ein Kapitel der zweiten Hälfte für sich zu beanspruchen und glänzt mit einem Salto-Einwurf aus dem chinesischen Staatszirkus. Der Einwurf ist gleichermaßen spektakulär unnötig wie erfolglos, landet er schließlich in den Füßen Goricas, die im direkten Gegenzug durch den eingewechselten Humar (nach blitzsauberer Vorarbeit Burgičs) mit 3:1 in Führung gehen können. Strafe muss sein. Und weil es gerade so schön ist und läuft wie geschmiert, erzielt Burgič auch das 4:1 nach einem Eckstoß per Flachschuss aus 11 Metern selbst. Nach langer Verletzungspause und erst seinem dritten Saisontreffer wird er nun mit Musikeinspielern, viel Pathos und stehenden Ovationen verabschiedet. Perfekt für Vodeb, den alten Angeber, der die Bühne nun wieder für sich allein beansprucht und sich bei einem mehr als albernen Skorpionkick à la Ibrahimović beinahe das Rückgrat bricht, ehe Schiedsrichter Kovacić die denkbar belanglose, aber unterhaltsame Partie beendet.

Nach dem Spiel kehren wir in einer Gaststätte ein und bestellen ein Schnitzel aus Ljubljana. So etwas leckeres isst man schließlich ja auch nur alle Jubel Jahr mal. Am Ende des Festmahls bestellen wir ein Bier zum Mitnehmen für’s Hotelzimmer, doch dieser Vernunftlösung – angesichts der frühen Abfahrtszeit Günters am morgigen Donnerstag – weiß der Kellner einen Riegel vorzuschieben. Nicht erlaubt. So kehren wir noch einmal in der kleinen Stadionkneipe gegenüber unserer Herberge ein, die wir bereits gestern Abend besucht hatten, um bei „Union Pale Ale Nelfiltraty“ den Abend ausklingen zu lassen. Doch leider haben wir unsere Rechnung ohne einen schnurrbärtigen Trinker gemacht, der uns recht bald als weit gereiste Gäste entlarvt hat und nun trotz mangelhafter Englischkenntnisse beherzt in den Smalltalk eintritt. Einige jüngere Slowenen eilen dolmetschend herbei und es entwickelt sich ein feucht-fröhlicher Abend in geselliger Runde, wobei der schnurrbärtige, der sich mittlerweile als Vater Burgič herausgestellt hat, die eine oder andere Runde Wein und Bier spendiert, während sein Sohnemann im Hintergrund mit seinen alten Jugendfreunden zecht.

Der Abend verläuft so lange positiv, bis wir uns über Innenverteidiger Žiga Lipušček erkundigen. Wir erfahren, dass Lipušček 2016 in einen Autounfall verwickelt war, bei dem zwei Jugendspieler aus Maribor ihr Leben ließen und ein Torwart nur schwer verletzt überlebte, während Lipušček mehr oder minder unverletzt aus dem Wrack geborgen werden konnte. Neben der enormen psychischen Belastungen machte Lipušček zuletzt auch ein Infekt zu schaffen, sodass wir Zeuge seines ersten Heimspiels seit gut drei Monaten werden durften. Aufgrund unseres Interesses an dem uns bis dato völlig unbekannten Jungspund (… der dann übrigens fünf Monate später sein Debüt in der slowenischen U21 feiern wird – man hat bei FUDU eben wirklich ein Auge für Qualität) werden wir für Scouts aus Deutschland gehalten und plötzlich kippt die Stimmung. Vater Burgič spricht auf einen Schlag nur noch slowenisch und die Dolmetscher gehen nach und nach auf Abstand, verlassen die Kneipe und beginnen draußen, wild umher zu telefonieren. Zeit für uns, zu gehen – auf fremde Kosten getrunken haben wir ohnehin genug.

In der Nacht vom 03. zum 04.06.2018 werden dann übrigens die Ergebnisse der slowenischen Parlamentswahlen bekannt gegeben. Die „einwanderungsfeindliche“ SDS erhält erschütternde 25% der Stimmen und geht als klarer Gewinner hervor. Es ist hoffnungslos. Und somit muss ich leider verkünden: So lange dieser menschenverachtende Trend auf diesem Kontinent anhält, werde ich für KEINEN europäischen Staat mehr Länderspiele bestreiten! /hvg

18.05.2018 Venezia FC – Delfino Pescara 1936 0:0 (0:0) / Stadio Pierluigi Penzo / 5.480 Zs.

Der 1.FC Union hat seine Saison am vergangenen Wochenende mit einem 1:0 Auswärtssieg bei der SG Dynamo Dresden erfolgreich beendet. FUDU atmet erleichtert auf: Endlich Sommerpause, endlich muss man bei der Buchung von Flügen keinerlei Rücksicht mehr auf die verrückten Ideen der DFL nehmen. Nur eine Woche später wird unser Reiseleiter in die Spur geschickt. Ein Wochenende ohne Union in Berlin ist zwar möglich, aber sinnlos. Da zusätzlich Pfingsten vor der Tür steht, ist die Republikflucht nicht mehr abzuwenden und schnell kann eine attraktive Reiseroute festgezurrt werden. Venezia-Udine-Nova Gorica. Neun Tage, drei Spiele, eine Vorfreude.

Als ich am Mittwoch um 10.55 Uhr auf dem Flughafen Marco Polo einschwebe, ist Günter bereits seit zwei Stunden in der näheren Umgebung unterwegs. Ob er in Treviso noch eine Runde Basketball mit Benetton gespielt hat oder sich anderweitig die Zeit vertrieben hat, ist nicht überliefert. Ich verbringe derweil meine Zeit damit, auf der Suche nach meiner Unterkunft orientierungslos entlang der Kanäle herumzuirren. Nach einer halben Stunde breche ich das Unterfangen ergebnislos ab, kehre zurück zum Ausgangspunkt und kaufe mir an einem Kiosk einen Stadtplan zum Falten. Mit Hilfe dieses praktischen Dauerbrenners gelingt es mir innerhalb der nächsten halben Stunde, mich zur „Casa Accademia“ durchzukämpfen und abermals wird mir klar, dass ich nur noch so lange überlebensfähig sein werde, so lange zu all den digitalen Hilfsmitteln dann und wann wenigstens eine analoge Alternative angeboten wird…

Beim Check-In sitzt mir ein waschechter weiblicher Mensch in hübsch gegenüber. Auch hiermit komme ich soweit ganz gut zurecht. Sie stellt mir einen Abreißplan der Innenstadt zur Verfügung, markiert die Sehenswürdigkeiten und startet – auf meine Nachfrage, wo sich denn das Stadion befände – eine Gefährdeansprache: „Oh, Football? Be careful because of the violence!“ Offenbar habe ich das Gesicht schon wieder zur Faust geballt oder man sieht es meiner Mimik anderweitig an, dass mich solche Warnungen von Menschen, die in ihrem Leben noch kein Stadion von Innen gesehen haben, langweilen. Anders kann ich es mir nicht erklären, warum sie zum Abschied noch ein „… or are you used to it?“ hinterherschiebt.

Mein Zimmer kostet 180,00 € für drei Nächte, hat ein eigenes Bad, eine Dachterrasse und liegt recht zentral. Da ruft man in Venedig an der einen oder anderen Stelle ganz andere Preise auf. Der Blick aus dem Fenster lässt mich jedoch schaudern, befindet sich hier schließlich ein Kindergarten im Innenhof, auf welchem natürlich hunderte Bambini lärmend über die bunten Spielgeräte toben. Kinder im Urlaub. In etwa so attraktiv wie ein Bericht über eine dreitägige Städtereise mit nur einem Fußballspiel, welches 0:0 enden wird. Aber gut – gespoilert wurde ja bereits in der Überschrift.

Um 15.00 Uhr bin ich mit Günter am Busbahnhof „Piazzale Roma“ verabredet, an dem es angeblich Eintrittskarten für die Partie im Vorverkauf à 14,00 € zu erwerben geben soll. Der Fußweg zurück dorthin fällt mir bereits wesentlich leichter und ohne den gefühlten Druck im Rucksack, das Hotel finden zu müssen, lassen sich die ersten Eindrücke wesentlich bewusster wahrnehmen. Sicherlich kennt man Venedig aus Film, Funk und Fernsehen, aber wenn man seine ersten Schritte durch die Lagunenstadt tätigt, ist das trotz des Wissens über die Stadt beinahe surreal, all dies in der Realität zu erleben. Keine Straßen, keine Autos. Überall Wasser, Brücken, Menschen. Und spätestens, wenn die ersten Krankenwagen-Boote passieren, wird einem noch einmal bewusst, dass sich hier zwangsläufig alles auf dem Wasser abspielen muss. Dies muss auch der arme Günter schmerzlich erfahren, dessen Hostel auf einer vorgelagerten Insel liegt und der sich nun für 40,00 € ein 72 Stunden gültiges „Vaporetto“-Ticket kaufen muss, um sich von einem der vielzähligen Wassertaxis befördern lassen zu können. Unter diesen Umständen kann er es wohl nicht länger leugnen, vom anderen Ufer zu kommen. Kurz nach dieser Erkenntnis ist auch der Eintrittskartenkauf erfolgreich abgeschlossen und wir sind für den kommenden Freitag bestens versorgt.

Im Anschluss erfreuen wir uns an einem Espresso für lediglich 1,20 €. Kurz zeige ich mich verwundert darüber, dass dies in der ansonsten doch recht überteuerten Stadt zu diesem Preis möglich ist, doch schnell verweist Günter auf ein Gesetz, welches in Italien den Espresso zum Grundnahrungsmittel deklariert und einen Grenzpreis festlegt. Nirgends in Italien darf ein Espresso „al banco“ – also im Stehen an der Bartheke – mehr als 1,20 € kosten. Ein populistisches Gesetz, welches angeblich auf Silvio Berlusconi zurückgeht, ganz nach meinem Geschmack. Insidertipp: Wer sich in Venedig richtig verarschen lassen will, der setzt sich nach der Kaffeebestellung hin und zahlt dann teilweise bis zu 6,00 €. Viel Spaß, ihr Trottel.

Ohnehin scheint 6,00 € so eine Art venezianischer Standardpreis zu sein. Wir müssen uns am Abend des Europa-League-Finales jedenfalls entscheiden, ob wir zu dem genannten Preis lieber Bier oder Gin Tonic konsumieren würden. Im Fernsehen wird live aus Lyon berichtet. Die Partie ist eng, hart umkämpft und während am Anfang noch das Bier die Nase leicht vorn hat, setzt der Gin am Ende zum Finale Furioso an und wird zum Gewinner des Abends gekürt. Zeitgleich verliert Olympique Marseille auf dem grünen Rasen gegen Atletico bedauerlicherweise deutlich mit 0:3.

Am nächsten Tag klappern wir die klassischen Sehenswürdigkeiten der Stadt ab, trinken „Birra Venezia“ und schießen touristische Erinnerungsfotos. Es bleibt genügend Zeit, sich eher über die kleinen Nebensächlichkeiten zu freuen und sich den Blick für kuriose Details und Straßenszenen zu wahren. Folgende Kurzfilme hätte FUDU für Euch im Programm:

„Dad, there’s a Monster!“
Wie Streetart auf die touristische Bedrohung durch Kreuzfahrtschiffe aufmerksam macht

„Wenn nicht jetzt, Wan Tan?“
Wie ein asiatischer Imbissbesitzer seinem kahlgeschorenen Nazi-Putz-Adjutanten während des Fegens neuen Müll vor die Füße wirft

„Der verrückte Taubenmann“
Wie es einem gelingen kann, offen in der Auslage herumliegende Backwaren geschmackvoll anzupreisen und gleichzeitig Tauben auf dem Arm zu versammeln, um diese zu füttern

„Asiatische Work-Life-Balance“
Wie man mit einer Louis-Vuitton-Tüte in der Hand auf der Rialto-Brücke kurz durchschnaufen kann, wenn das mitgeführte Porzellanpüppchen ausnahmsweise mal nicht fotografiert werden mag

Am Tag des Fußballspiels setzen wir mit dem „Vaporetto“ nach Lido über. Spätestens in diesem Moment wird klar, dass Günter mit seiner Zeitkarte auf das richtige Pferd gesetzt hat. Eine Einzelfahrt mit dem Wassertaxi kostet stolze 7,50 € und es spielt hierbei überhaupt keine Rolle, dass die Fahrtwege mitunter weniger als zehn Minuten in Anspruch nehmen. Lido di Venezia ist ein mondänes Seebad mit luxuriösen Hotels – bekannt durch Thomas Manns Novelle „Der Tod in Venedig“ und durch die internationalen Filmfestspiele, auf denen im kommenden Jahr unsere Kurzfilme zur Uraufführung kommen werden. Etwas irritiert zeigt sich FUDU, als man vom ersten Auto angehupt wird. Nach zweieinhalb Tagen sorglosem Flanieren gibt es nun plötzlich wieder Straßenverkehr, auf den man zu achten hat. Am Strand tanken wir dösend ausreichend Sonne, nicht ohne von einer anderen Berliner Reisegruppe begrüßt zu werden, die offenbar einen Blick für unsere Union-Utensilien hatte: „Gehört dit hier noch mit zur Wuhlheide, oder wat?“

Auch den Weg zum „Stadio Pierluigi Penzo“ legen wir mit dem „Vaporetto“ zurück. Die Lage der alten Spielstätte ist einigermaßen spektakulär und eine Anreise via Boot zu einem Fußballspiel dann auch nicht alltäglich. Der gastgebende Venezia FC hat eine bewegte Vergangenheit und nach diversen finanziellen Zusammenbrüchen mehrere Umbenennungen hinter sich. In dieser Saison läuft es unter Starcoach „Pippo“ Inzaghi jedoch richtig rund und man hat sich die Teilname an den Play-Off’s zum Aufstieg in die Serie A bereits gesichert. Nebenan schallen erste Gesänge von gut 20 Mann eines voll besetzten Wassertaxis zu uns herüber. Interessante Vorstellung, wie in der kommenden Saison womöglich Ultras aus Napoli oder die Laziali zu diesem Stadion auf der Insel geshuttled werden, flankiert von Polizeiboot Norbert. Zumindest auf eine potentielle Sicherheitsverwahrung dürfte man sich als Gästefan freuen – auch das Gefängnis hat in Venedig eine wirklich wunderschöne Lage. Zimmer mit Blick auf Wasser sind auch hier garantiert und auch die Auslastung hält sich aufgrund der geringen Kriminalitätsrate in Grenzen. Man munkelt, außer einer kleinen Dogenproblematik sei in Venedig nichts zu befürchten…

Bereits 90 Minuten vor Anpfiff klaffen in dem durch Wasserstraßen gesäumten Stadionareal Theorie und Praxis weit auseinander. Ein Ordner bewacht eine kleine Brücke, die zum Stadioneinlass führt und wird hierbei von einer Horde Ultras, die offenbar kein Interesse an dem Abgleich ihrer Ausweisdokumente mit den auf den Eintrittskarten hinterlassenen Namen hat, förmlich überrannt. Im Stadion ist leider nur noch die Haupttribüne in ihrer ursprünglichen Bausubstanz erhalten, während auf den verbleibenden drei Seiten Stahlrohr das Bild bestimmt. Die Angaben zu der offiziellen Zuschauerkapazität schwanken zwischen 7.426 und 9.977 und bei einem vermeintlichen Aufstieg müsste der amerikanische Besitzer ganz sicher etwas Geld in die Hände nehmen. Heute ist das Stadion jedenfalls gut gefüllt und während die Stadionregie Gigi D’Agostino (hätte bis hierhin gedacht, das wäre einer dieser Italiener, die sie nach Deutschland verschifft haben, um sie selbst nicht hören zu müssen) zum Besten gibt, setzt 20 Minuten vor Anpfiff Regen ein, womit ein erheblicher Temperaturabfall einhergeht. Etwas fröstelnd entscheiden wir uns gegen unseren Sitzplatz und beziehen in der obersten Reihe der Gegengerade stehend Position.

Der 42. und letzte Spieltag der Saison wird eröffnet. Den Gästen aus Pescara, die seit ihrem finanziellen Kollaps und der Neugründung 2009 offiziell das „Delfino“ im Vereinsnamen führen, steht das Wasser schon wieder bis zur Flosse. Als Absteiger aus der Serie A findet man sich aktuell nur auf dem 15. Platz der Tabelle wieder und könnte heute noch auf die Abstiegsrelagationsränge rutschen.

Die erste Halbzeit wird die beste Halbzeit werden, die FUDU je in Italiens zweithöchster Spielklasse gesehen hat. Das Spiel ist schnell, kurzweilig und beide Mannschaften kommen zu vielversprechenden Torabschlüssen. Neben der technischen Unbeholfenheit des 36 Jahre alten Schweiz-Spaniers Álex Geijo, der mit gleich drei verstolperten Bällen in die Geschichte des ersten Spielabschnitts eingeht, ist es der Querlatte zuzuschreiben, dass die erste Hälfte torlos endet. In der 45. Minute scheitern die Gastgeber nach einer schönen Eckenvariante mit einem satten Schuss aus 16 Metern an dieser.

Im zweiten Spielabschnitt verflacht das Niveau der Partie zusehends. Bis zur 70. Minute gibt es keine weiteren Aufreger mehr zu bestaunen, sodass man sich ausschließlich über das überraschend aktive Heimpublikum und die geringe Touristendichte im Stadion freuen kann. Nach 73 Minuten scheitert der kurz zuvor eingewechselte Litteri völlig freistehend aus fünf Metern und man darf berechtigte Sorgen hegen, dass man hier keine Treffer zu sehen bekommt, zumal sich die Delfine ordentlich eingeigelt (Lesehilfe: ge-igelt) haben. Unser Freund Geijo springt – bereits mit einer gelben Karte vorbelastet – in der 83. Minute völlig übermotiviert in den Rücken von Pescaras Keeper Fiorillo und kann von Glück reden, dass er um einen Platzverweis herumkommt. „Pippo“ reagiert umgehend, schnappt sich höchstselbst die Auswechseltafel, reckt diese in die Höhe und bittet Geijo, den Platz schnellstmöglich zu verlassen. Doch auch die letzte Jokerhoffnung Marsura sticht nicht mehr und so bleibt es bei einem etwas enttäuschenden nasskalten 0:0, worüber sich nur die weitgereisten (424 Kilometer) Gäste freuen können, da das Remis zum Klassenerhalt reicht.

Morgen früh wird uns der „Frecciarossa“ dann von Venezia Santa Lucia nach Udine ins Friaul befördern. Für uns verbleiben sechs weitere Urlaubstage auf der Uhr. Und, wie sich alsbald herausstellen wird, nur noch ein Spiel und eine herbe Enttäuschung… /hvg